Die alten Rübenacher Hausnamen

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von Hans Gappenach

Innerhalb eines Dorfes hatte früher jede Familie einen Beinamen, ihren „Hausnamen“ (= nicht Familiennamen, = keineswegs Spitznamen) und nur unter ihm war sie bekannt. Diese „Sippenbezeichnungen“ sind auch heute noch bei der Landbevölkerung gebräuchlich; man muss nicht selten nachdenken, wie der oder jener eigentlich „richtig“ heißt. Ähnlich wie die Straßenbezeichnungen, die Flur- oder Gewann-Namen sind auch sie Gegenstand volkskundlicher Forschung.

Diese Hausnamen kann man bereits zu einer Zeit nachweisen, als es Familiennamen noch nicht gab, sondern nur einen Vornamen geführt wurde. Aus ihnen erwuchsen teilweise schließlich die Familiennamen.

So erklärt sich z. B. die Häufigkeit der Familiennamen: Schmidt, Müller, Bäcker, Schneider, Schäfer, Zimmermann u. a. dadurch, dass die ausgeübte Tätigkeit bei der Namensfindung Pate stand.

Ein Merkmal des Hausnamengebrauches ist noch hervorzuheben: Sehr oft blieben diese bei dem jeweiligen Hause, selbst wenn der Besitzer längst auf eine andere Familie übergegangen war, die keine Beziehungen zu der vorherige hatte.

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Insgesamt nun gehen die Hausnamen auf mancherlei Ursachen zurück und weisen nicht zuletzt auch auf familiengeschichtliche Zusammenhänge hin. Wenn man die in Rübenach gebrauchten Namen flüchtig überschaut, könnte man zu folgender Gliederung kommen:

Eine erste Gruppe ist von den ausgeübten Berufen hergeleitet. An ihnen entschlüsselt sich ein gut Stück dörflicher Kulturgeschichte; z. B. bewahren sich so in der Volksüberlieferung längst ausgestorbene Gewerbe (Naolschmidts), wovon u. U. die Nachfahren gar nichts mehr wissen. Da gab (und gibt) es in Rübenach: Scholtese (Schultheiß), Müllepittersch, Bäckisch, Bäckerhannese, Bäckerandunne, Schosterpittersch, Schmiddpauls, Blechschmidts, Döppejookems (Töpferei), Ladepittersch (Totenladenschreiner), Bröckermatthese (sie hoben in alter Zeit den Brückenzoll am Brückerbach), Schlossermatthese, Schlössischs, Ackermanns, Wagners, Schäferpiddischs, Schullzirwese, Schullmadinnese u. a.

Eine zweite Gruppe, die meist bäuerliche Familien betrifft, geht auf Vornamen zurück: Schmitzhannese, Wöllme (Wilhelm) Hansjöökems, Rääjazz (von einem 1620 auftretenden Stammvater Richard), Gräwerhannese, Köne (Konrad), Luushansrääjazz, Heinze, Pittere, Paule u. a.

Die dritte Gruppe ist heute nicht mehr ohne weiteres deutbar, weil die Bezüge vergessen (u. U. auch mir unbekannt) sind: Hilde Lutz , Zeihe, Knibbichs, Niese, Austischs,  Bahnese, Schuude, Zilliens, Iddches, Bussekeihls, Linnebachs, Jölsichs (Güls), Schörriepiddiehs, Groddepittches u. a.

Schließlich wäre noch die vierte Gruppe zu nennen mit Namen, die sich schon den Spitznamen annähern und für die aus begreiflichen Gründen hier auf Beispiele verzichtet werden muss, es sei denn, man begnüge sich mit längst verstorbenen, ehemals dorfbekannten Originalen wie: Bille Baas, Lobbur, Linnebaas, Eichesbaas (auch Eichsmodda) u. a. Einzig für den Namen „Belzebock“ haben wir eine Druckerlaubnis, worüber sich an anderer Stelle dieses Buches noch einiges findet. – Es ist im übrigen eine Eigenart der Rübenacher (so wird behauptet, – aber das mag anderenorts nicht anders sein), dass sie sehr leicht bei der Hand wären, Spitznamen zu verteilen, selber aber solche nicht vertrügen, – In  Paranthese könnte hier noch auf einige beinahe zum Ort gehörige Originale hingewiesen werden we z. B. dä Lombefuchs, et Schalematia, die Bibbebaas (auch Höhnerfraa) u. a.

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Die Hausnamen waren – von einer Frühepoche wurde zu Anfang gesprochen – in späteren Jahrhunderten aus einem anderen Grunde – noch immer und wiederum – sehr dringet vonnöten: Man misste unter den vielen Familien mit gleichlautenden Namen unterscheiden und das geschah mit oft geradezu feinsinnigen Nuancierungen. Für Rübenach stellt sich dies folgendermaßen dar:

Die Stämme: Ommlie, Füchjes, Nies, Pitte, Knibbichs, Pitts, Pittere, Schorchepitts, Schorcheköwese, Luatsche, Hnasrööjats, Schörriepiddichs, Groddepittches tragen alle den Familiennamen Zerwas; Betze, Kridde, Jookeme,  Austischs, Nonns, Zeihe, Blünse = alle Kray; Hannsjookems, Schorche = Mohrs; Bäckichs, Bäckerhannese, Heinze = Stromberg; Linnebachs, Hilde, Lutze, Spechs, Hülle = alle Müller; Mülls, Schullzirwese = Moskopp; Schummadünnese, Schuude = alle Simonis. Auch hier ist auf Stämme, die Spitznamen tragen, verzichtet, die Liste wäre sonst noch erheblich länger.

In diesen wenigen Zeilen zu entnehmen, zeigt es sich, dass uns in den Hausnamen ältestes Kulturgut entgegentritt. Man sollte diese Namen innerhalb eines Dorfes bewusst und mit Stolz pflegen und verwenden als ein Mittel gegen die alles gleichmachenden Tendenzen der Vermassung in unseren Tagen, – das nicht zuletzt erst recht nach der Eingemeindung in die Stadt Koblenz.

Sicherlich ist eine Erfassung und Registrierung dringlich, weil vieles sonst notwendigerweise der Vergessenheit anheimfallen wird. Die vorstehenden Zeilen stellen nur einige wenige, in aller Eile konzipierte Gedanken dar, weil sie in einer solch umfassenden Heimatgeschichte, wie diese für unser Dorf hier erstmalig erscheint, unbedingt anklingen sollten. Gewiss liegt auf diesem bislang völlig unbeackerten Gebiet für den Ort Rübenach noch ein ungehobener Schatz heimatgeschichtlicher Erkenntnisse verborgen.
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