Aus  „Rübenach eine Heimatgeschichte“

__________________________________________________________________

 

 

Das frühe Mittelalter

 

von Lutz Fiedler

 

 

Als  das römische Reich dem Druck der germanischen Stämme nicht mehr standhielt und zerbrach, übernahmen an Rhein und Mosel die Franken die Herrschaft. Sie waren, weil sie schon lange teils innerhalb, teils außerhalb der Reichsgrenze siedelten, mit der römischen Verwaltung vertraut. Trotz ihrer eigenen germanischen Lebensweise gab es deshalb keinen direkten Bruch mit der Tradition.  Und da ein großer Teil der niederen Beamten der lokalen Verwaltung aus staatlichen Gründen übernommen wurde, konnte sich auch das Christentum halten. Obwohl es Schwierigkeiten gab, war es gerade die Kirche die mit ihrem organisatorischen Netz dem zunächst heidnischen Frankenreich eine stabile Grundlage lieferte.

 

Der archäologische Nachweis des Wechsels von einem römischen zu einem germanischen Staat ist nicht einfach. Zwar wurden im 4. Jahrhundert durch die Wirren der Völkerwanderung viele Städte, Siedlungen und Höfe verbrannt und zerstört. Der eigentliche Verfall dieser römischen Anlagen geht aber eher auf eine ganz andere Lebens- und Siedlungsform in den folgenden Jahrhunderten zurück. Die meisten Städte wurden weiter bewohnt und der römische Hausrat wurde als Gebrauchsware weiterhin produziert und von den Franken übernommen. Die frühen Kulturschichten dieser zeit kann man daher als „spätrömisch“ bezeichnen.

 

Erst allmählich, von 5. bis 7. Jahrhundert, hatten die Töpfereien eine typische eigene Ware entwickelt, die den Lebensstiel und dem Geschmack der bäuerlichen Germanen angepasst war.

 

Auch aus den römischen Siedlungsstellen in Rübenach am Sentenicher Weg gibt es noch Keramik aus dem 4. Jahrhundert. Wir wissen aber nicht, ob diese Gebäude noch von Franken übernommen wurden. Sicher ist, dass sie überall ihre Höfe aus Holz errichten und diesen gegenüber den römischen Steinhäusern den Vorzug gaben. Die alten Villen wurden als Steinbrüche für gelegentlichen Materialbedarf benutzt.

Die besten kulturhistorischen Zeugnisse dieser Zeit sind die nun überall angelegten Reihengräberfriedhöfe. Darin finden wir reiche Beigaben, die uns ein Bild der materiellen Kultur der Franken vermitteln. Die Beigabensitte wurde erst im 8. Jahrhundert mit der endgültigen Christianisierung des fränkischen Reiches, wohl unter moralischem Druck der karolingischen Missionare, aufgegeben. Das fränkische Gräberfeld von Rübenach lag in recht ausgedehnter Fläche nordwestlich der heutigen Kirche. Es wurde in mehreren Etappen ausgegraben und lieferte bisher etwa 840 Gräber.

 
  Fränkisches Gräberfeld Rübenach - Waffen
1 Schildbuckel; 2, 5 Lanzenspitzen; 3 Pfeilspitzen; 4 Messer; 6 Streitaxt (´"Franziska"); 8, 9 einschneidiges Kurzschwert ("Sax"); 10 Schwert ("Spatha")

 

Da es nicht ganz bis auf seine Grenzen untersucht wurde, mögen noch etliche Bestattungen im Randbereich nördlich und südlich der Autobahn A 48 vorhanden sein. Ein wesentlich größerer Teil wurde schon früher durch den Weg Rübenach – Mülheim zerstört, so dass sich die Zahl der ursprünglich vorhandenen Bestattungen nur schätzen lässt. Die vermutliche Anzahl der Gräber wird zwischen 1100 und 1200 gewesen sein. Die geborgenen Bestattungen ergaben 11 Männer-, 90 Frauen- und 60 Kindergräber. 22 der noch vorhandenen Gräber waren ursprünglich von größeren Grabhügeln bedeckt. Sie werden vermutlich den gehobenen gesellschaftlichen Stellungen der Toten Ausdruck verliehen haben.

 

Leider waren schon viele der Bestattungen in alter Zeit von Grabräubern gestört und ausgeplündert worden, so dass über den Reichtum und den Stand der Toten keine verlässlichen Aussagen mehr machen lassen. Dennoch sind sehr viele Funde bei den Ausgrabungen zu tage gekommen, welche den Umfang persönlichen Besitzes erkennen lassen. Den Männern wurden vor allem Waffen mit in das Grab gelegt. Dabei steht an bedeutendster Stelle das einstige Kurzschwert, der Sax. Daneben finden wir Langschwerter (Spatha), Streit- und Wurfäxte (Franziska), Schilde mit eisernen Buckeln, Lanzen und Pfeile. Die Frauengräber sind mehr durch Schmuck, wie Ketten und Ringe gekennzeichnet. Beiden Geschlechtern wurden Gefäße mit Speisen beigegeben. Man fand stempelverzierte Knickwandbecher Kannen, Schalen, Tüllenkannen und oftmals wertvolle Trinkgläser.

 

Auch die Bestandteile der Kleidung und Tracht, wie Gürtelschnallen und Fibeln, Beschläge, Toilettenbestecke und Scheren lassen sich in den Gräbern finden und uns einen Einblick in die Kunstfertigkeit und den Geschmack jener zeit geben.

 

Der Stielwandel innerhalb er rund 300jährigen Entwicklung fränkischen Kunsthandwerkes zeichnet sich an diesen Gegenständen ab und ist ein wichtiges Kriterium zur Datierung. Sie reicht für das Rübenacher Gräberfeld bis um das Jahr 700 n. Chr.

 

 Fränkische Scherben sind in der heutigen Rübenacher Gemarkung kaum zu finden. Die Ansiedlung lag im heutigen  Ortskern und große Flächen des Dorfes waren Felder, die damals wahrscheinlich nicht mit Stallung bewirtschaftet wurden, so dass kein häuslicher Abfall auf die Felder gelangten.

 

Erst aus der karolingischen Zeit finden sich auf den Feldern überall kleine Keramikbruchstücke. Sie werden bei der Bewirtschaftung mit Stallung aus den Höfen dorthin gelangt sein. Diese Scherbenstreuung datiert von 9. Jahrhundert unserer Zeit.

 
  Fränkisches Gräberfeld Rübenach - Mode, Kleidung, Schmuck
1 Kamm; 2 Ring; 3, 12 Gürtelschnalle; 4-7, 9 Fibeln; 8 Pinzette; 10 Perle; 11 Halskette; 13 Spinnwirtel; 14, 16 Beschläge; 15 Schere

zurück