von Udo Liessem
Das älteste noch erhaltene Baudenkmal von Rübenach ist der Wohnturm der Freiherr von Eltz Rübenach. Wie Verfasser an anderer Stelle dargelegt hat, ist dem jetzt noch stehenden Turm ein älteres Bauwerk vorausgegangen. Darauf weist eine Urkunde vom 17. April 1466 hin, in der Johann Herr zu Eltz u. a. „mit dem Turm zu Rübenach, dem alten Haus dabei, dem Hof abwärts hin in die Hundsgasse“ (von-Eltz-Straße) belehnt worden war. Da aber nicht die geringste Spur eines älteren Vorläufers im noch stehenden Wohnturm nachzuweisen ist und der totale Abbruch eines etwa vorhandenen gewesenen steinernen Vorgängers nicht angenommen werden kann, muß davon ausgegangen werden, dass das oben erwähnte, neben dem Turm stehende „alte Haus“ ein nicht aus Stein aufgeführtes Gebäude gewesen sein. Ebenfalls wurde schon gesagt, dass der dem jetzigen Wohnturm vorausgehende Bau möglicherweise eine Motte gewesen war. Wenn Motten im Bereich des Rheinischen Schiefergebirges auch nicht so häufig waren wie im niederrheinischen Flachland, so sind sie dennoch hier vertreten und und ihre geringe Anzahl ist zum Teil auch aus einer Beobachtungs- und Forschungslücke her abzuleiten. Neben der ergrabenen Motte in Dernbach (Dillkreis), sind die von Laudert, Dudenroth, Braunshorn (alle Rhein-Hunsrück-Kreis), Alpenrod (Oberwesterwaldkreis), Ütgenbach (Kreis Neuwied) und mehrere im Elsafftal (Kreis Neuwied) besonders hervorzuheben. Auch die wiedische Feste „Rohburg“ – am Dreifelder Weiher – dürfte eine Motte gewesen sein.
Burghaus von Eltz – Lithographie aus dem 19. Jahrhundert
1189 wird ein Richard von Ryuenache genannt, ob er bereits mit der Burg bzw. deren Vorläufer belehnt gewesen war, kann nicht mehr festgestellt werden, genauso wenig ist bekannt, aus welchem Geschlecht dieser Richard stammt. Der Vorname deutet auf die von Eltz hin, wo Richard ein Leitname gewesen war.
Für Richard Vogt zu Rübenach, genant 1264 und 1270, hatte auf alle Fälle eine Bedeutung mit der Burg und zwar der noch stehenden, bereits stattgefunden. Das Burghaus ist ab dem 13. Jahrhundert ständig im Besitz der Familie von Eltz (später von Eltz zu Rübenach) geblieben, die es noch heute besitzt.
Sieht man vom mittelalterlichen Teil ab, auf den weiter unten eingegangen wird, so sind lediglich zwei barocke Umbau- bzw. Erweiterungsphasen fassbar, wobei der ursprünglich auf allen Seiten freistehende Wohnturm im Norden und Westen ummantelt wurde, Der Südseite legte man eine bescheidene zweiläufige Freitreppe vor und man brach einen neuen Eingang, der unter dieser Treppe zu liegen kam, in dem zum Keller unfunktionierten alten Erdgeschossraum des Burghauses. Dessen ursprünglicher Zugang wurde teilweise zugemauert und dient seitdem lediglich als Vermittler zu einem schmalen, schlauchartigen Keller unter dem westlichen Anbau. Ein weiterer Kelleraum liegt unter dem nördlichen Trakt. Er ist nur über Treppe, in der Küche im Westflügel gelegen, zu erreichen. Sämtliche Fenster, des dreigiebeligen Krüppelwalmdach und die bescheidenen Stuckdecken im Innern weisen in die barocken Umbauphasen. Der Westseite liegt eine einläufige, einfache Freitreppe vor. Der in der Nordwestecke gelegene Eingang, zu dem sie führt, trägt im Sturz folgende Inschrift: PHI. (lipp) CHR: (istof) H. (err) Z. (u) ELTZ – REG. (ina) ANG. (elika) F. (rei) F (rau) V. (on) H. (ohenfeld) 1678, dazu noch die beiden Wappen Eltz und Hohenfeld. Im Jahre (1)767, durch Maueranker im Westgiebel bezeugt, hat das Burghaus endlich die Gestalt bekommen, die es noch heute trägt. Rotspuren in den Basaltlavagewänden der Nordwesttür sind die einzigen Hinweise auf eine ehemalige Farbgebung.
Fabricius erwähnte „eine Kappelle auf der Burg der Herren von Eltz“, doch leider ohne nähere Angaben.
Nach Bornheim war der Rübenacher Wohnturm ursprünglich eine Wasserburg gewesen, doch deutet nichts darauf hin: Die Lage am Berghang, das ebenerdige Geschoss mit dem großen Eingang sprechen dagegen. Weder die älteren Ortsbewohner, noch die Dorftradition, auch nicht die Tranchot-Karte und die Urkatasterkarte von 1809 weisen das Haus als Wasserburg aus.
Bei der Rübenacher Burg handelt es sich um einen Wohnturm von nahezu quadratischem Grundriss 9,10 x 9,35 m lichter äußerer Weite (Innenmaße 7,25 x 7,35 m im Lichten). Die heutige Höhe des Gebäudes entspricht nicht der ursprünglichen. Über dem Erdgeschoss hatte sich wahrscheinlich nur noch zwei weitere befunden; wann die Aufstockung zur jetzigen Höhe erfolgt ist, kann nicht ohne große Untersuchung festgestellt werden, da im inneren und an Äußeren alles spätbarocker Zeit mit einer dicken Putzschlemme überzogen worden ist, die alle vorhergegangenen Bauzustände und sämtliche Baunähte überdeckt hat.
Zwei Geschosse über einem Keller (bzw. einem Erdgeschoss) hatten auch der „Salhof“ in Oberlahnstein, der „Metternicher Hof“ und der „Rosenhof“ der Zisterzienserabtei Marienstatt (beide Koblenz), das sogenannte „Templerhaus“ in Boppard, das romanische Turmhaus in Koblenz-Pfaffendorf und das in Koblenz-Horchheim, un nur die wichtigsten und nächsten Turmhäuser der Umgebung aufzuzählen. Auf das Arken´sche Burghaus in Koblenz, der Urbau der dortigen trierischen , erzbischöflichen Burg und die prachtvolle Niederburg in Gondorf a. d. Mosel, deren ursprüngliche Gestalt durch eine Zeichnung von Leopold von Eltester überliefert ist, zählen zu den vergleichbaren dreistöckigen Bauten. Zeitlich reichen sie von 1150/70 Niederlahnstein (in dieser Zeit auch Pfaffendorf und Horchheim), über das letzte viertel des 12. Jahrhunderts – Arken´sche Burghaus, noch 12. Jahrhundert – Metternicher Hof, um 1215 – Rosenhof, um 1230 – Templerhaus, bis um 1240 – Niederburg/Gondorf. Der letzt genannten Anlage kommt der Rübenacher Wohnturm zeitlich am nächsten (s. u. abgeb. Kellergewölbe des Burghauses)
Die Zeit der quadratischen Wohntürme ist die Gotik (Beispiele auf der Burg Altenahr, Hohenfels, Deurenburg (= Burg Maus) und Kasselburg); die letzte Burg weist bei ihrem Turm ein Maß von 9 x 9 Metern auf. Während der Limburger dreigeschossige Turm der dortigen Burg schon ins späte 13. Jahrhundert datiert, ist der ebenfalls dreistöckige Wohnturm auf der Burg Eltz – „Platteltz“ – in der Mitte des 13. Jahrhundert erbaut worden!
Vom Rübenacher Wohnturm ist momentan nur das Erdgeschoss (jetzt Keller) in seiner romanischen Substanz zu untersuchen. Man betritt den Raum durch die später gebrochene Tür in der Südseite. Der eigentliche Zugang, ein rundbogiges Portal von 185 cm Breite, liegt in der Nordwestecke und ist teilweise zugemauert. Vor der abgeschrägten Leibung mit geradem Sturz, der das Basaltlavagewände der Tür schneidet, befindet sich eine 19 cm tiefe Bogenblende, deren obere Begrenzung (Rund- oder Segmentbogen) heute vermauert ist.
Vier mit Kreuzgewölben versehene Joche, die nicht ganz die angestrebte Idealgestalt – das Quadrat – erreichen, sind zwischen 32 cm breite Gurtrippen eingespannt, die von nach unten abgerundeten Konsolen getragen werden (Westen und Osten), bzw. die direkt aus der Wand wachsen (Norden). Im Süden wird die Situation genau so sein, nur ist dort der Eingang gebrochen worden. Die Grate werden mittels eines dicken, zugespitzten Mörtelstreifens besonders hervorgehoben, um so ein Kreuzrippengewölbe vorzutäuschen (?). Während die Gewölbefelder im Norden und Süden unmittelbar gegen die Umfassungsmauern gesetzt sind, wurden im Osten und Westen Bögen vor die Mauer geblendet, die den Gewölbeschub abfangen. In der Nordwestecke konnte das nicht geschehen, weil hier der Eingang sitzt. Das Gewölbe wird durch eine zentrale Säule (jedoch nicht genau in der Mitte) getragen. Die Säule hat über einen runden, recht dicken Plinthe eine attische Basis und über einen markanten Schaftring einen plumpen hohen Kämpfer mit Platte.
In der Mauerstärke der Nordwestwand verläuft eine schmale Treppe, die, nach Wendung um 90 Grad. In den Keller mündet. Sie verfügt über einen spitzbogig geschlossenen Zugang. Während das östliche Gewände gemauert ist, besteht das westliche aus Basaltlava. Der Zugang zu dieser Treppe, die ins erste Obergeschoss führt, ist zur Zeit vermauert. Der Treppenschacht wird durch einen winzigen Lichtschlitz beleuchtet. Zwei, mit spitzwinkligem Dreieck geschlossene Lichtnischen neben der Treppentür und eine weitere neben dem Haupteingang, dienten, bei geschlossenem Portal – oder bei Dunkelheit – zur Lichtversorgung, die im übrigen durch je zwei sich nach außen verengende Lichtscharten im Süden und Osten garantiert war.
Wenn auch die Ausführung im Detail sehr zu wünschen lässt, ist das Erdgeschoss des Wohnturmes doch sehr aufwendig gestaltet. Eine in der Mauerstärke liegende Treppe, die vom Erdgeschoss (bzw. Keller) in den darüber liegenden Stock führt, ist nicht gerade häufig. Das älteste Beispiel in der näheren Umgebung liegt in Niederlahnstein: Es ist das Haus „Heimbach“ (2. Hälfte des 12. Jahrhundert). In Koblenz finden sich sogar zwei Parallelen: Metternicher Hof (noch 12. Jahrhundert) und die ehemalige Kurie des Florinstiftes am Florinsmarkt, neben der ehemaligen Judengasse (nach 1199).
Große rundbogige Zugänge , in einer Ecke gelegen, weisen von den aufgeführten Beispielen das Arken´sche Burghaus und der Metternicher Hof in Koblenz und das Haus Heimbach in Niederlahnstein auf. Ebenso gelegene Eingänge, die aber, weil die Häuser selber recht klein sind, bescheidener ausfielen, haben die Gebäude in Pfaffendorf und Horchheim. Mehr zur Mitte verschoben, aber von außen zugängig, lag der Eingang beim Salhof in Oberlahnstein.
Haus Heimbach, der Salhof, das Arken´sche Burghaus, die Kurie und das Pfaffendorfer Haus waren, was ihre erste Bauperiode betrifft, keinesfalls gewölbt gewesen, wahrscheinlich aber auch nicht das Horchheimer Gebäude und der Rosenhof. Lediglich der Metternicher Hof und das Burghaus in Rübenach hatten von Beginn an eine Wölbung. Auch bei dem Koblenzer Gebäude handelt es sich um einen zweischiffigen, sich dem Quadrat nähernden Raum, mit zentraler Stütze und vier gratigen Gewölben. Auch hier steigen Gurte über gerundeten Konsolen auf (Säule, Gurt und mehrere Gewölbefelder sind teilweise in späterer zeit erneuert worden, so dass im dortigen Keller datierende Elemente fehlen). Die Datierung – noch 12. Jahrhundert – erfolgt nach einem Fenster im Giebel ind nach der Giebelform (= sehr einfacher Stufengiebel).
Von der Grundrissform her ähneln sich der Mettericher Hof, der Rosenhof, Plattetz und der „ Kratzkopfer Hof“ in Koblenz-Pfaffendorf. Der letztere, 1972 abgerissen (!), ist nicht genau zeitlich festzulegen, doch muss man einer relativen Zeitstellung – noch romanisch – zustimmen. Mit ungefähr 9,00 x 7,60 m innerer Ausdehnung (Metternicher Hof) und 7,80 x 8,50 m (Kratzkopfer Hof) kommen die Gebäude dem Rübenacher Wohnturm sehr nahe.
Beim Kratzkopfer Hof war auch noch die steinerne Subkonstruktion für eine Außentreppe erhalten (ferner nachweisbar beim Rosenhof, dem Arken´schen Burghaus und monumental in einen Turm verlegt, bei der Niederburg/Gondorf). Eine Außentreppe, wobei zuerst an eine hölzerne, abwerfbare zu denken ist, ist auch für den Rübenacher Wohnturm zu fordern, da sie bei romanischen Profanbauten die Regel bildete.
Als Abschluss wäre ein Stufengiebel das wahrscheinlichste (Diese Annahme muss, solange keine älteren Abbildungen als Beweis vorliegen, eine reine Hypothese bleiben). Im Koblenzer Raum treten Stufengiebel gegen Ende des 12. Jahrhunderts auf (Metternicher Hof, „Heesenburg“ in Dieblich a. d. Mosel), um dann im folgenden Jahrhundert „große Mode“ zu werden (Rosenhof, Horchheimer Haus, dort in der zweiten Bauepoche und Gondorfer Niederburg; die Beispiele ließen sich um mehrere Nennungen vermehren).
Den Rübenacher Wohnturm zu datieren fällt nicht leicht, da es nur recht wenige Anhaltspunkte gibt: Während die Gewölbe und das Hauptportal des Erdgeschosses noch rundbogig sind, weist die Tür zur Treppe den Spitzbogen auf. „Modern“ sind auch die angedeuteten Rippen. Der Kämpfer der zentralen Säule lässt sich wegen seiner beinahe primitiven Ausführung kaum zum Vergleich heranziehen. Dagegen ist die attische basis über einer dicken Plinthe gut mit den Basen im Reichardsmünster zu Bendorf am Rhein zu vergleichen (besonders mit denen der Unterkapelle, wo auch Rund- und Spitzbogen zusammen vorkommen). Die Bendorfer Doppelkapelle ist um 1240 erbaut worden.
Um 1520 – oder unmittelbar danach – wird auch der Bau des Rübenacher Wohnturms anzusetzen sein. Es ist sehr gut denkbar, dass die Errichtung des Wohnturmes auf der Eltzer Stammburg (Platteltz), die Familie angeregt hat, in Rübenach, wo sie die Vogtei inne hatten, einen ähnlichen Turm zu erstellen.
Weitere Infos siehe hier.
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Quelle Buch „Rübenach ein Heimatgeschichte“