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Am 5. Juni 1841 brach um 15:30 Uhr eine Katastrophe über Rübenach
herein, die drei Tage dauerte und das mittelalterliche Bild des Ortes
ganz vernichtete. Gemeint ist der große Brand, der in einer
Zimmermannswerkstatt entstanden sein soll. Besonders schlimm war der
Zeitpunkt des Entstehens, da fast alle erwachsenen Rübenacher auf dem
Felde waren. Der Versuch der Rübenacher Feuerwehr, den oberen Teil des
Dorfes zu retten, gelang teilweise, wie einige ältere Fachwerkhäuser
beweisen können. Die Hundsgasse
(von-Eltz-Straße)
wurde vor allem durch die Kettiger Feuerwehr gerettet. Neben den Wehren
von Kettig waren die von Bassenheim, Bendorf, Dieblich, Güls, Kärlich,
Kesselheim, Kobern Koblenz, Metternich, Mülheim, Neuwied, St. Sebastian,
Urmitz und Vallendar zur Hilfe gekommen. Der Brand konnte jedoch nicht
gelöscht, sondern nur eingedämmt werden. Der Regierungspräsident
Freiherr von Schleinitz kam persönlich nach Rübenach. Der Brand zählte
vier Opfer (zwei davon erst später durch erlittene Brandwunden),
außerdem noch drei Schwerverletzte. 99 Familien (= ca. 540 Personen)
hatten ihren gesamten Besitz verloren; 38 Stück Weidevieh, mehr als 100
Schweine und nicht gezähltes Kleinvieh kam um. Der Verlust an
Bausubstanz betrug etwa 50%, denn Rübenach zählte damals 207
Feuerstellen; 101 Häuser mit 350 Nebengebäuden waren abgebrannt. Der
Gesamtschaden belief sich auf ca. 100000 Taler von denen nur 36000 Taler
von der Versicherung abgedeckt waren. Die Aufräum- und Aufbauarbeiten,
wobei Winningen, St. Sebastian und das Koblenzer Militär halfen,
begannen sofort. Eine Verzögerung des Wiederaufbaus brachten die
Verhandlungen zum Ankauf des Geländes, das notwendig war, um der Straße
Koblenz-Mayen einen geraden und breiten Verlauf durch den Ort zu
ermöglichen. Die jetzige „Alte Straße“ ist noch ein Teil des
ursprünglichen Verkehrsweges von vor dem Brand.
Wie gesagt, die Bautätigkeit setzte sofort wieder ein: So errichtete
Bernhard Kray 1841 ein Wohnhaus in der „Hundsgasse“ (=v.-Eltz-Straße),
das 300 Taler wert war; ein Jahr später – 1842 – baute er noch eine
Scheune, deren Wert mit 600 Taler angegeben wurde. Sie lag an der
„Judengasse“ (= Mittelstraße,
heute Gotenstraße).
Der Hof (Haus und Scheune) trug die Nummer 129, denn das ganze Dorf war
durchnummeriert. Am wichtigsten in diesem Zusammenhang ist, dass Kray
sofort 1841 bzw. 1842 den Hof und Scheune bei der „Rheinischen
Provincial-Feuer-Sozietät“ versicherte. Die Angst vor der Vernichtung
durch einen Brand saß doch sehr tief!
Das der Brand 1841 solch einen verhängnisvollen Verlauf nehmen konnte,
war hauptsächlich auf die Fachwerkbauweise zurückzuführen. Noch kurz vor
dem Brand ist mit viel Holz gebaut worden. Sowohl bei dem Haus „Aachener
Straße“ 54 als auch in der „Alte Straße“ 18, beide Anwesen sind auf 1828
datiert und haben den selben Baumeister gehabt, erhebt sich über einem
steinernen Erdgeschoss ein Fachwerkgeschoss. Die Anordnung der Hölzer
ist einfach aber gekonnt. Einzige Zierde bilden rautenförmige gestellte
Streben als Füllwerk im Feld unter den Fenstern. Die Läden sind bewusst
als Schmuck empfunden. Die Häuser tragen Krüppelwalmdächer. Ähnlich ist
das Haus „Mauritiusstraße“ 21, im Gegensatz zu den beiden vorgenannten
steht es mit der Giebelseite zur Straße. Dieses Gebäude wird ebenfalls
noch vor dem großen Brand errichtet worden sein (um 1830). Ob die
ehemalige Eltzer Rentei „Aachener Straße“ 76, das Eltzer Wappen ist
jetzt noch vorhanden, dem späten 18. oder dem frühen 19. Jahrhundert
angehört, lässt sich ohne weiteres nicht entscheiden, da der Bau sehr
entstellend verputzt ist. Vorbild für die angeführten Bauten könnten
Häuser wie das Eckgebäude „Mauritiusstraße“ –
„v.-Eltz-Straße“ gegeben
haben (spätes 17. Jahrhundert). Hatten die gerade vorgestellten Häuser
massive Erdgeschosse – wie auch noch eine Reihe anderer Rübenacher
Fachwerkbauten – so ist das kleine Häuschen
„Mauritiusstraße“ 51 ganz in
Fachwerk hochgezogen worden (18. Jahrhundert, wahrscheinlich aber ältere
Reste in der nördlichen Erdgeschosswand).
Doch schon das Haus „Mauritiusstraße“ 29 aus dem Jahre 1838, ist voll
massiv und ebenso das ein Jahr jüngere Pfarrhaus. Nach dem Brand ist
kein Fachwerkbau mehr errichtet worden. Hauptbaumaterial für die neuen
Häuser bildeten nun Basaltlava und Lavakrotzen (=Schaumlava). Die
Strohdächer wurden restlos durch die Schieferdeckung verdrängt, Das
streckenweise auf den ersten Blick trostlose Ortsbild bietet jedoch bei
genauerem Hinsehen höchst wechselvolle Perspektiven.
Das Dorf Rübenach stellt interessante baugeschichtliche Nachahmungen
vor: Nach dem Brand wurde ja unmittelbar mit den Neuaufbau begonnen,
wobei den Rübenachern ein kurz vorher fertig gestelltes Haus so
beeindruckt hat, dass sie es immer wieder bei ihren Neubauten kopiert
und variiert haben. Das Vorbild gebende Gebäude ist das durch v.
Lassaulx errichtete
Pfarrhaus gewesen! Manchmal wurden auch nur Details,
wie etwa das Traufgesims nachgebildet. Nur einmal wagte sich einer der
(lokalen) Baumeister an die Nachahmung der Lassaulx´schen Flächenmosaike
aus verschiedenfarbigem Steinmaterial und zwar beim Haus
„Lambertstraße“ 1. Dieses Haus zeigt überhaupt den stärksten
Lassaulx Einfluss. Selbst die Türen, die der Koblenzer Baumeister
angewandt hatte, wurden nachgeahmt. Wenn auch die originalen Türen am
Pfarrhaus heute nicht mehr vorhanden sind, so kam doch durch den
Vergleich mit noch erhaltenen Türen an anderen Bauten des von Lassaulx
auf die Rübenacher geschlossen werden. Leider kann ein ins einzelne
gehende Untersuchung der Lassulx´schen Einflüsse, sei es den Gesamtbau
oder auch nur das Detail betreffend, aus Platzgründen hier nicht
durchgeführt werden. Im ganzen betrachtet sind die Nachahmungsversuche
sehr einfach, zeugen von viel gutem Willen aber wenig großem Können. Die
Häuser „Aachener Straße „ 53, 55,
67, 81, 87, 96, 98, 104; „Lambertstraße“
1, 7, 11; „Mauritiusstraße“ 35 tragen deutlich den
Einfluss Lassaulxs zur Schau wobei die Liste hiermit nicht vollständig
ist, auch fehlen noch Häuser, die nur im Detail durch Lassaulx
beeinflusst worden waren. Selbst das Anwesen „Hollerstraße“ 3
Backsteinbau um 1910) und „Grabenstraße“ 52 (nach 1900) können das
Vorbild Lassaulx nicht verleugnen. Das letztgenannte Haus , ein
Stilmonstrum, weist auch eine Stuckrose im Stile des Sebastiani, also
Barockmerkmale auf.
Hier soll noch ein etwas später entstandenes Wohnhaus erwähnt werden,
“Gotenstraße“ 8, eigentlich ein recht bescheidenes Anwesen (um 1860),
das aber eine Besonderheit durch die frühe Verwendung von Bims
darstellt. Der Bimsstein ist hier nicht als tragendes Element verwandt
worden, sondern als (teurer) Zierstein am Hauptgesims.
Das Dorf erweiterte sich nach dem Brand hauptsächlich in südliche
Richtung, baute aber besonders die Straße Koblenz-Mayen (= „Aachener
Straße“) als Hauptachse großzügig aus. Hier stehen die Bauten mit der
Traufseite zur Straße, gestalten also ihre längere Breitseite zur
Schaufront, während in den anderen Straßen vornehmlich die Giebelseite
vorgezeigt wird.
Das 1810 errichtete Schulgebäude war schon bald zu klein geworden, denn
bereits 1855 besuchten 130 Knaben und 145 Mädchen diese Schule. So
dachte man daran, ein geräumigeres Gebäude zu errichten. Für 4400 Taler
wollte Friedrich Albert Cremer (1824-1891), von 1855 bis 1859
Wasserbaumeister beim Oberpräsidium in Koblenz, die neue Schule bauen,
wozu noch 800 Taler für die Hofgebäude (Toilettenanlage) und die
Einfriedung gekommen wären. Das Schulhaus sollte vier Schulsäle, jeder
ca. 600 Quadratfuß groß, enthalten, die für 480 schulpflichtige Kinder
ausreichen sollten (pro Saal 120 Schüler!). „Die Wohnung für einen oder
mehrere Lehrer, ist in dem vorliegenden Entwurf nicht mit aufgenommen
worden, weil beabsichtigt wird, solche durch Ausbau des alten
Schulhauses zu gewinnen“. Das Gebäude sollte aus Krotzen „welche in
Rübenach das übliche Baumaterial bilden und welche wegen ihrer
Trockenheit und Festigkeit vorzügliche Bausteine geben mit dazwischen
gelegten sechszölligen gelben Schichten von Tuffstein erbaut“ werden.
Das Haus, mit der Traufseite zur Straße, sollte einen Mittelbau
erhalten, „dessen Giebel durch das steigende Bogenband dekoriert ist“
(also auch hier scheint sich ein Einfluss Lassaulx zu zeigen).
Zu diesem Plan legte Hermann Nebel (1816-1892) , 1847 bis 1883
Stadtbaumeister in Koblenz, einen eigenen Alternativentwurf vor (Pläne
noch erhalten). Auch hier waren wieder vier Schulsäle vorgesehen, jedoch
„nur“ für je 100 Kinder. Ein zweiter Plan Nebels, der das Erdgeschoss
mit einem Schulraum zeigt, dafür aber mit Lehrerwohnung (Küche und
Wohnstube) dürfte wahrscheinlich den Umbau das alten Schulgebäudes von
1810 betreffen.
Beide, Cremer und Nebel, kamen nicht zum Zuge, denn 1858 legte A. H.
Osterhaus eine Liquidation vor, die sich aus mehreren Einzelposten
zusammensetzte (Aufmass der Baustelle, Anfertigung des Bauplanes,
Aufstellung des Kostenvoranschlages, Bauleitung, Reisekosten etc.) und
die sich auf 200 Taler belief.
Der Vollständigkeit
halber soll noch auf den dritten Schulneubau des 19. Jahrhunderts kurz
hingewiesen werden: Vom Mai 1894 bis Mai 1895 ist das Gebäude für nur
21000 Mark errichtet worden
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