Die Rübenacher Glocken

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von Werner Reif

Ich rufe die Lebenden, beklage die Toten, breche die Blitze.

Diese Inschrift auf einer alten Rübenaher Glocke ist charakteristisch für die Aufgaben die wir den Glocken zuschreiben. Die Glocke aus Metall (Bronze oder Stahl) ist seit 500 n. Chr. In unserem Gebiet bekannt und seit dem Mittelalter als Bestandteil einer christlichen Gemeinde anzusehen. Die Glocke „rief“ früher zu verschiedenen Anlässen: zu Gottesdienst und Gebet, Freude oder Trauer, Krieg und Frieden, Feuer und Not. Morgen-, Mittag- und Abendglocke waren Zeitgeber für Bauern auf dem Feld oder die Frauen im Hause. Sie war oft einziger Hall in einer großen Stille – und in unserer heutigen lauten Umwelt soll gerade die Glocke – an Phonstärke vom Jet, Auto und Industrie weit übertroffen – Ruhestörer sein. Zwei Glockengenerationen wurden durch große Kriege zum schweigen gebracht. Es bleibt Hoffnung, dass die dritte Generation weder durch Krieg noch durch „Phonmesser“ ein gleiches Schicksal erfährt.

1. Generation

Bericht aus dem alten Protokoll- und Lagerbuch von Rübenach

1. Die mittlere große MAURITIUS-GLOCKE

Mit dem Bildnisse desselben auf der Seite und der Anschrift: MAURITI; PATRONE NOSTER ORA PRO NOBIS! Oben am Halse führte sie die Anschrift: DEFENSOR NOSTER ASPICE, INSIDIANTES REPRIME, GUBERNATUOS FAMULOS, QUOS SANGUINE MERCATUS EST: = Du unser Schirmherr Jesus Christ, besiege unsere Feinde List, erhalte uns deiner Hut, die du erkauft mit deinem Blut. Joannis Bergdhaler me fecit 1683. Auf der Seite steht: Joannis Hugo (Wappen) Arichepisc. Trev. Princ. Etat.

 2. Die zweite Glocke rechts KREUZGLOCKE

In der Mitte das Kreuz mit Christuskörper und der Anschrift: ECCE CRUCEM DOMINI = Seht das Kreuz des Herren! Oben am Rande: NOS GLORIARI OPORTET IN CRUCE DOMINI NOSTRE JESU CHRISTI, IN QUO EST SALUS = Wir rühmen uns im Kreuze unseres Herrn Jesus Christus, in welchem das Heil ist. Frieder. Bernard ex Tiefenbach me fecit 1817 die 27 m. oct. Sub Joanne Matthia Geisen, par. In Ruebenach.

Am 12. November desselben Jahres (1817) wurde sie geweiht, wobei Herr Baron Emmerich Josef v. Eltz-Rübenach, damaliger Bürgermeister und Sophie Conrad, Ehefrau von Wilhelm Conrad, Patenstelle vertreten haben. – Sie wiegt 1058 Pfund und kostete an Umgießerlohn mit Zusatz 255 Thaler, 24 Kreuzer, wovon 100 Thaler die Kirche und 155 Thaler die Gemeinde bezahlte.

3. MARIEN-GLOCKE

Auf der Glocke das Bildnis Mariens mit Umschrift: SANCTA MARIA MATER DIE, ORA PRO NOBIS! VIVOS VOCO MORTUOS PLORA FULGURA FRANGO, MATER GRATIAE; MATER MISERICORDIAE, TU NOS CUSTODI. AB HOSTE PROTEGE,IN HORA MORTIS SUSCIPE = Heilige Maria Mutter Gottes, bitte für uns! Ich rufe die lebenden, beklage die Toten, breche die Blitze. Mutter der Gnade, Mutter der Barmherzigkeit. Du uns beschütze, vom Feinde bewahre, in der Todesstunde uns empfange.Carolus Gaulard me fecit 1848 sub Frider. Blaeser, Ruebenaco posture loci.

Am 21. Novembre 1848 wurde sie durch Hochw. Dechanten Blaeser in Beisein Herrn Pastor Simons von Bassenheim und Herrn Kaplan Schenkwald geweiht und aufgehängt. Patenstelle versahen: Anton Müller, Synodalis und Katharina Krey aus Rübenach. Sie wiegt 1650 Pfund und hat 306 Thaleros Boruß und 6 Kreuzer gekostet an Gießerlohn. Eingeschmolzen wurde hierfür eine gleichnamige Glocke aus dem Jahre 1683. Sie hatte auch die gleiche Inschrift. Stifterin war Maria Jacobi ab Eltz Abbatissa in Maria Rohdt. Hugo Emmericus ab Eltz personatista in Rübenach.

Die Glocken der ersten Generation wurden 1866 in die neue Kirche übernommen, mussten jedoch 1917 „in den Krieg ziehen“

2. Generation

Die Glocken aus dem Jahre 1924

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Ankunft der Glocken in Rübenach. Mit dem Pferdefuhrwerk ging es vom Bahnhof zur Kirche

MAURITIUS-GLOCKE

Ton C, Durchmesser 152 cm, Gewicht 2175 kg. Inschrift: DUM TRAHOR AUDITE! VOCO VOS AD SACRA, VENITE! SANKTA MAURITI, PATRONE NOSTER, O.P.N! Fusa ab Humbert-Junker, in Brilon 1924. Wenn ich läute, höret! Ich rufe euch zum Gottesdienst, kommet! Hl. Mauritius, unser Patron, bitte für uns! Gegossen von Humbert-Junker in Brilon 1924.

MARIEN-GLOCKE

Ton ES, Durchmesser 128 cm, Gewicht 1285 kg. Inschrift: VIVOS VOCO, MORTUOS PLANGO; FULGURA FRANGO, SANCTA MARIA, GRATIA PLENA, MATER DIE ET NOSTRA, O.P.N! Fusa ab Humbert-Junker, in Brilon 1924. Ich rufe die Lebenden, beklage die Toten, breche die Blitze. Hl. Maria, voll der Gnade, Gottesmutter und unsere Mutter, bitte für uns! Gegossen von Humbert-Junker in Brilon 1924.

SEBASTIANUS-GLOCKE

Ton F, Durchmesser 114 cm, Gewicht 914 kg. Inschrift: DEFUNCTOS PLORO, NIMBUM FUGO, FESTA HONORO, SANCTA SEBASTINE, O.P.N! Fusa ab Humbert-Junker, in Brilon 1924. Ich beweine die Toten, vertreibe das Unwetter, ehre die Feiertage. Hl. Sebastianus, bitte für uns! Gegossen von Humbert-Junker in Brilon 1924.

JOHANNES-GLOCKE

Ton G, Druchmesser 102 cm, Gewicht 654 kg. Inschrift: LAUDO DEUM VERUM, PLEBEM VOCO, CONGREGO CLERUM, SANTE JOHANNIS, O.P.N! Fusa ab Humbert-Junker, in Brilon 1924. Ich lobe den wahren Gott, rufe das Gottesvolk, vereine es zu einem priesterlichen Volk! Gegossen von Humbert-Junker in Brilon 1924.

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Großer Moment für Dechant Senzig. Die neuen Glocken von St. Mauritius

3. Generation

Die neuen Glocken der Pfarrkirche in Rübenach

Bericht aus der Pfarrchronik: Inzwischen hatten die Monatssammlungen soviel Geld eingebracht, dass wir vier neue Glocken in Auftrag geben konnten. Die Glockengießerei MABILON in Saarburg, Bez. Trier, wurde mit dem Glockenguss beauftragt. Am 25. August 1956 wurden die Glocken gegossen. Pfarrer Klinkner war mit vielen Pfarrkindern nach Saarburg gefahren, um diesen Glockenguss mitzuerleben. Wegen des stürmischen Wetters musste von mittags bis abends auf das einmalige Erlebnis gewartet werden, da die Feuerung durch den Sturm dauernd gehemmt wurde.

Am Freitag, dem 21.9.1956, wurden die neuen Glocken am Dorfrand abgeholt und auf offenem Wagen zur Kirche gefahren. Unsere eine noch vorhandene Glocke läutete zum Gruß. Sofort nach Ankunft wurden die Glocken ins Gotteshaus gebracht und vor der Kommunionbank aufgehängt und geschmückt. Gott sei Dank geschah kein Unfall.

Am Sonntag, dem 23.9.1956, nachmittags um 14.30 Uhr, wurden die neuen Glocken durch den H. H. Definitor Jacoby aus Kesselheim geweiht. Mittwochs begann die Montage der Glocken im hohen Turm. Abends war das Werk vollendet und zum ersten Male tönte der Glockenklang vom Turme (handgeläutet). Nach einigen Wochen war auch das Elektro-Läutesystem von der Firma Diegner und Schade aus Dorsten in Westfalen fertig gestellt, so dass sie vom Christ-Königsfest an (28.10.1956) Tag um Tag ihre eherne Stimme erschallen lassen konnten. Die Glocken waren in der gleichen Größe und Schwere gewählt worden, damit der alte Glockenstuhl wieder benutzt werden konnte.

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21. September 1956 – Ankunft der neuen Glocken in Rübenach

GLOCKE 1:

Ton C Durchmesser 155 cm Gewicht 2300 kg. Inschrift: 1956 REX REGUM DOMINUS DOMINATIUM CHRISTUS VINCIT, CHRISTUS REGNAT. CHRISTUS IMPERAT. König der Könige, Herr der Herrscher, Christus siegt, Christus herrscht, Christus befiehlt.

GLOCKE 2:

Ton ES, Durchmesser 132 cm, Gewicht 1053 kg. Inschrift: 1956 SANTE MAURITI ORA PRO NOBIS! QUAE SUNT CAESARIS CAESARI, QUAE SUNT DEI, DEO! Hl. Mauritius bitte für uns! Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott was Gott ist!

GLOCKE 3:

Ton F, Durchmesser 118 cm, Gewicht 950 kg. Inschrift: 1956 REGINA ET DOMINA MUNDI, CUNCTAS HAERESES INTERE-MISTI IN UNIVERSO MUNDO! Königin und Herrin der Welt, alle Verwirrungen auf der ganzen Welt hast Du zunichte gemacht!

GLOCKE 4:

Ton G, Durchmesser 104 cm, Gewicht 700 kg. Inschrift: 1956 TU ES PETRUS – PORTAE INFERI NON PRAEVALEBUNT! Du bist Petrus – Die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen!
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