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Armenstiftung

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von Hans Gappenach

Ein Hospital, wie dies mancherorts bestand, zur Pflege der Alten und Alleinstehenden, besaß Rübenach nicht, wahrscheinlich weil in den bäuerlichen Großfamilien jeder seinen Platz hatte. Es gab aber eine Armenstiftung, die 1656 in einer Visitationsurkunde erstmals genannt wird. Dr. G. Reitz, der Studien zur Pfarrgeschichte getrieben hat, berichtete darüber:
Sie bestand aus Brotspenden auf Karfreitag und Michelstag. Im Jahre 1716 werden die Ackerparzellen zitiert, die das Getreide erbrachten. Pastor und Sendschöffen teilten die Früchte in der Kirche öffentlich aus. Nach der Säkularisation wird die Stiftung (1818 ist davon die Rede) von einer Wohltätigkeitskommission der Gemeinde verwaltet.
Im 18. Jahrhundert gab es auch eine Kornspende der Familie von Eltz-Rübenach, zugunsten der Armen verwaltet.
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Hochgericht Bubenheimer Berg

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von Hans Gappenach

Während des frühen Mittelalters wurden bei den Gerichtssitzungen nach ungeschriebenem Gewohnheitsrecht die Urteile gefällt. Aus dieser Zeit ist belegt, da unser Ort noch als Vogtei bezeichnet wird, dass der Heimbürge (= Schultheiß bzw. Ortsvorsteher) von Rübenach der Erste Schöffe  und Sprecher dieses „“Hochgerichtes Bubenheimer Berg“ war.

Erst viel später begann man, die Formen, nach denen Recht gesucht wurde, schriftlich aufzuzeichnen, so entstanden die „Weistümer“, die den Weg zu einem gerechten Urteil „weisen“ sollten. Nach heutigem Sprachgebrauch könnte man von einer Prozessordnung sprechen. Es gibt (1538 und 1556) einige interessante Weistümer des „Hochgerichtes Bubenheimer Berg“ (wo Galgen und Rad standen), in denen auch Rübenach genannt wird. Sie wären für die Ortsgeschichtsforschung noch zu nützen.

Ja selbst ein „Rübenacher Schöffenweistum“ (von 1519), wohl der niederen Gerichtsbarkeit dienend, liegt vor, das bislang noch in keine ortsgeschichtlichen Überlegungen eingeflossen ist.
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Das Schöffen-Essen zu Rübenach

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von Hans Gappenach

Die Urkunde aus dem Jahre 888, mit der König Arnulf von Kärnten auf Bitten des Grafen Megingoz die Rechte an dem Dorf Rivenacha dem Trierer Kloster St. Maximin übereignete, zog in späteren Jahren einen Rechtsstreit nach sich, weil dort die Gerichtsbarkeitsbelange nicht eindeutig geklärt wurden. Aus einer Urkunde von 1347 geht nämlich hervor, dass sich die Schöffen des Gerichtes von Rübenach – sie übten die niedere Gerichtsbarkeit aus – weigerten, dem Trierer Abt Florich fürdenhin dienlich zu sein, weil man ihnen das zustehende Schöffen-Essen nicht gäbe. Die Klosterleute hielten dagegen, die Schöffen von Rübenach brächten zu dem Essen sämtliche Kinder mit, was jene wieder, da seit alters Gewohnheit, für rechtens hielten. Vor dem Koblenzer Stadtgericht kam es schließlich zu einem Vergleich, wonach das jährliche Essen jenen zwar gegeben werden müsse, da ihnen sonst kein Entgeld zustehe, aber „weder aus Recht noch aus Gewohnheit“ dürften sie fortan ihre Kinder zu besagtem Essen mitführen.

Aus anderen Quellen wissen wir, dass dem Gericht 14 Schöffen zu stellen waren; die ganze Tragweite der Angelegenheit kann erst erkennen, wer die Kinderzahlender Familien früherer Jahrhunderte in Rechnung setzt: Rund 150 Köpfe dürften da leicht zusammengekommen sein, – und das war nahezu das halbe Dorf.
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Religiöse Verhältnisse

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von Udo Liessem

Bevor näher auf den Bau der romanischen Kirche eingegangen wird, trotz des Burghauses das den Ort beherrschende Gebäude, soll die religiöse Situation – obwohl das in anderen Publikationen schon ausführlich geschehen ist – mit nur wenigen Sätzen angedeutet werden. Sowohl das Fabrikvermögen, als auch das Pfarrstellenvermögen waren recht beträchtlich. Aus erstgenanten hatte die Gemeinde Rübenach mit der Zeit 1164 Taler erhalten (Stand 1788), die aber in preußischer Zeit der Kirche verlustig gingen. Die Taxa von 1330 veranschlagte den Rübenacher Pastor mit einer Steuer von 19 Pfund 10 Schillingen, worin er im Dekanat Ochtendung – nur von dem Andernacher und dem Niederzissener Geistlichen übertroffen wurde, was für die gute finanzielle Lage der Pfarrei spricht. Ähnlich lautete die Abrechnung des Dekans von St. Florin (29. Januar 1330), der die Kirche mit 25 Pfund besteuerte; dagegen brauchte der Pleban nur 6 Pfund 10 Schillinge zu zahlen – seine Lohnung war eben sehr gering. Nach der Aufzählung für das Landkapital Ochtendung von 1475 zahlte Rübenach 1 Florin (= 3 Mark = 18 Albus) an Kathedralsteuer, was nicht unbeträchtlich war. Zum Vergleich einige Zahlen:

Güls                    2 Florin            (= 6 Mark)
Ochtendung       18 Albus            (= 3 Mark)
Urmitz               18 Albus            (= 3 Mark)
Kesselheim        16 Albus            (= 2,3 Mark)
Bassenheim       12 Albus            (= 2 Mark)
Kärlich                 8 Albus            (= 1,3 Mark)
Wallersheim         6 Albus            (= 1 Mark)

Es wäre möglich, dass Rübenach – wie viele Orte um Koblenz – Beginen gehabt hat, denn 1488 wird ein Stück Land erwähnt, „das an den Wald stößt und bei den Beginen und bei den Nonnen liegt“.

Als Zeichen für Frömmigkeit und religiöses Brauchtum können auch die Kappelen, Bildstöcke und Wehekreuze gelten: Ein 1649 datiertes großes Heiligenhäuschen – der Mutter Gottes geweiht – stand früher beim Hause Reck, musste aber dem Straßenbau weichen. Auf dem Kirchhof befand sich eine Michaelskapelle, die 1656 und 1680 erwähnt wurde; sie besaß einen eigenen Altar. Schließlich nennt Reitz noch das sogenannte Müllersheiligenhäuschen aus 1849. Von den heute noch vorhandenen sechs Kapellchen hat lediglich das am der Ecke „Alemannenstraße“/ „Oberer Bassenheimer Weg“ noch alte Bausubstanz (16./17. Jahrhundert. Das Kapellchen in der „Alte Straße“ neben dem Haus Nr. 18 stammt aus der Zeit bald nach 1841. Die kleine Kapelle an der Ecke „Hollerstraße“/ „Maximinstraße“/ „Am Kloster“ ist im Giebel auf 1898 datiert. Daneben steht

Ein steht ein Basaltlavakreuz, das gemeinsame Merkmale mit den sogenannten „Schöpflöffeln“ trägt (noch spätgotisch). Mit vorgenannter Kapelle zeitgleich ist auch diejenige am Kirchaufgang; beide sind Ziegelbauten. Letztlich muss noch auf die Lourdesgrotte westlich der Kirche hingewiesen werden.

In der Gemarkung standen bis vor einiger Zeit (Stand 1975) noch vier Kreuze, von denen sind zwei („im Otter“ bzw. „im Rosenborn“) gestohlen wurden. Das älteste Kreuz, das Reitz noch kannte, datiert nach 1716. Die ca. 80 alten Grabkreuze auf dem Friedhof, deren ältestes aus 1572 stammt und die wenigen Grabplatten. Werden vom Verfasser demnächst (!?) in einem  Inventar der Rübenacher Kirche zusammengestellt werden.

1738 existierte bereits ein Missionskreuz, 1746 wurde ein neues angeschafft. Das heutige – an der Südseite der Kirche – stellt eine qualitätsvolle Arbeit des dritten Viertels des 19. Jahrhundert dar, der Corpus ist aus Ton.

Die damalige Kirche in Rübenach, dem Hl. Mauritius und der Aldegundis dediziert, hatte mehrere Altäre: Hl. Kreuzaltar – 1303 –, Liebfrauenaltar – 1496 –; der Hochaltar war im Jahre 1680 dem Hl. Mauritius und die Nebenaltäre dem Hl. Kreuz und der Hl. Katharina geweiht; 1786 wurde ein neuer, von Seiz entworfener Altar (wohl nur ein Aufsatz) angeschafft.

1316 vermachte der Ritter Wilhelm von Eltz der Rübenacher Kirchenfabrik einen Geldbetrag und sein Silber, das zu Kelchen umgearbeitet werden sollte. An alten Kirchengerät ist heute nichts mehr vorhanden. Es ist aber denkbar, dass die 1656 aufgezählten hochgotischen Geräte identisch sind mit den oben genannten. Von den Stücken, die noch erhalten sind, stammen die ältesten aus dem Barock und werden in dem erwähnten Inventar behandelt werden.

Der ursprüngliche Taufstein ist nicht mehr erhalten, der jetzige stammt aus 1710. Aus dem selben Jahr war auch die früheste überlieferte Orgel.

Die ältesten Parmente datieren ins 18. Jahrhundert. Die großartige Madonna (mittelrheinisch-koblenzisch, 2. Viertel 14. Jahrhundert), die Holzfiguren der Hl. Mauritius und Aldegundis (1. Hälfte 18. Jahrhundert) und das Vesperbild um 1741 sind noch aus der alten Kirche übernommen worden.  Alte Glocken sind nicht mehr nachweisbar: 1833 waren lediglich noch zwei aus 1683 und eine aus 1817 vorhanden.

Die Baulasten für Schiff und Turm trugen im Jahre 1680 die Gemeinde, für Chor und Sakristei der Personatist.
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Besitzverhältnisse

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von Udo Liessem

Über die wirtschaftlichen Verhältnisse gibt das kurtrierische Lagerbuch von 1719 Auskunft: Danach gab es 2577 Morgen Ackerland, von denen etwas über ein Fünftel in kirchlichem, rund ein Sechstel im adeligen Besitz war. Hierzu gehörte auch der Trierer Kurfürst mit 170 Morgen (alles zusammen rund 37 %). Nur 12 % des Wiesenlandes besaßen die Kirche und die Adeligen.

Wenn auch früher in Rübenach Weinbau betrieben wurde, so ist dem nie größere Bedeutung zugekommen. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts hatte Rübenach 52819 Stöcke auf 13 Morgen (zum Vergleich Güls 729135 Stöcke – 182 Morgen; Kettig 584045 Stöcke – 146 Morgen; Metternich 365445 Stöcke – 91 Morgen). 1783 heißt es bei der Amtsbeschreibung unter Rübenach: „Weinberge sind wenig vorhanden, so um den Ort und fast im Ort gelegen sind; kein anderer dann rother Wein wachset alldorten, welcher trinkbar wird. Es erfrieren aber mehrenteils die Weinstöcke. Sie gehören fast alle der Abtei zu Maximin und dem Freiherr von Eltz“. 1786 waren noch 7000 Stöcke unmittelbar hinter dem Hofhaus der Abtei gelegen. Die Lage der Weingärten direkt am Ort war schon im 14. Jahrhundert gegeben. In einer Urkunde aus 1365 ist die Rede von einem Viertel Weingarten an dem Kirchhof. Von den 21 Flurnamen, die Schmidt für den Zeitraum von 1365 – 1372 aufführen konnte, sind nur 3 mit Weingärten in einen Zusammenhang zu bringen: „Overhelden“ – 1367 – , „Eycholtzgasse“ – 1366 – und „Grosergasse“ – 1367 –. Die beiden Gassen haben wahrscheinlich im Orte selber gelegen. Zu ähnlicher Schlussfolgerung kommt Jungandreas, der die Urkunden bis 1500 ausgewertet hat. Auch bei der Interpretation der Flurnamen kann man kaum Beziehenungen zum Weinbau feststellen. Zum beträchtlichen Vermögen der Pfarrstelle gehörten 1656 u. a. 3 Morgen mit ca. 12000 Stöcken, 1719 waren es nur noch 7000, 1784 ebenso viele (bei den letzten beiden Angaben handelt es sich um die Weinstöcke unmittelbar hinter dem Hofgut).

Ein Fülle von Koblenzer und auswärtigen geistlichen Institutionen hatten Besitz in Rübenach. Bei der folgenden Aufzählung wird nur bei bedeutenderem Eigentum näher darauf eingegangen:

  1. Koblenzer Dominikanerkonvent; vor 1800
  1. Stift Florin. Es besaß bereits seit 1069 Äcker, Wingerte und Weiden in Buobenheim und Ruuenha. Katharina von der Arken, Frau des Konrad Kolb von Boppard, war in den Besitz ihrer Familie zu Rübenach – der Marsilienhof – gelangt, der seinen Namen wohl nach ihrem Großvater Marsilius von der Arken trug. Sie, ihr Mann und ihre beiden Stiefsöhne verpfändeten 1564 den Hof für 200 fl. An Goßwin Muyl, Probst von St. Simeon in Trier und Kanonikus an St. Florin (1420 – 68) zu Koblenz: 1471 verzichtete sie endgültig auf das Anwesen.  Muyl vermachte den Hof der gemeinen Präsenz von St. Florin und diese Verkaufte ihn an Dr. Ludwig Saurborn, Dechant von Florin (1454 – 1495), der 1472 noch einen zweiten Hof in Rübenach erwarb, den Nonnenberger Kornhof, und zwar für 230 fl., die dem Koblenzer Schöffenmeister Eberhard von Mentzenheim und Peter zum Horn als „Handhabern der Almosen“ zahlte. Der Hof gehörte vordem dem Montabaurer Schöffen Johann Nonnenberger, der in seinem Testament – 1409 – sein Koblenzer Anwesen zur Armenspende bestimmt hatte. Bald darauf wurde sein gesamter Besitz (von seinem gleichnamigen Sohn?) zu einer Armenstiftung umgewandelt. Diese stand unter Aufsicht des Stadtrates und wurde von einem Pfleger verwaltet. Nonnenberger wiederum hatte den Rübenacher Hof von der Familie von der Arken erworben. Saurborn kaufte 1473 von Kämmerling Jörg von See eine Wiese für 90 fl.; 1466 und 1471 hatte er in Rübenach Grundstücke verpachtet, 1478 einen Wingert, 1488 sieben Äcker und 1490 und 1491 weitere Äcker an fünf Rübenacher Einwohner. Durch familiäre Verhältnisse genötigt, musste Saurborn seine beiden Höfe an den erzbischöflichen Meisterkoch Martin von Udenheim, Bürger von Koblenz, für 400 fl. veräußern.  Schließlich bezogen noch einige Vikarien von Florin Einkünfte in  Rübenach: Decem Milium Martyrium (10000 Märtyrer), SS Fabiani et Sebastiani (Hl. Fabian und Sebastian), S. Spiritus (Hl. Geist) und Trium Regum (Drei könige). 1802 besaß das Stift lediglich noch einen Garten in Rübenach.
  1. Koblenzer Jesuiten. Diese waren 1583 in dem Besitz des Meisters Johann Koch gelangt, den dessen Vorfahre Martin von Udenheim von dem Dechanten Dr. Ludwig Saurborn erworben hatte. Außerdem viel den Jesuiten in Rübenach der Besitz des Zisterzienserinnenklosters zu Koblenz in der Lehre zu, an dessen Stelle sie 1580 getreten waren. So hatten die Nonnen z. B. 1366 Besitz am „Honrepad“ gehabt. Das gesamte Gut des Klosterhofes in Rübenach und Wolken erpachtete von den Nonnen 1482 das Rübenacher Ehepaar Johann Kirstgen und 1489 pachtet der Rübenacher Schultheiß Clas Denckel den Klosterhof. Die Jesuiten vereinigten ihren über 170 Morgen großen Besitz und errichteten einen neuen Hof, den Jesuitenhof.
  1. Koblenzer Karmeliter; vor 1800
  1. Bopparder Karmeliter; vor 1800
  1. Koblenzer Karthäuser. Sie hatten 1360 u. a. den bedeutenden Hof des Koblenzer Schöffen Heynemann von Ire, 1370 das Gut Ingebrands von Dernau und 1464 den sogenannten Bodendorfer Hof erworben.
  1. Koblenzer Stift St. Castor. Es hatte 1507 durch einen Schied einen Hof erworben, der vordem der Familie Saurborn gehört hatte.
  1. Zisterzienserinnenabtei Machern bei Zeltingen. Die Abtei besaß 1336 einen Hof und 1372 eine Mühle; der Besitz wurde wohl bald wieder veräußert.
  1. Zisterzienserabtei Marienstatt bei Hachenburg/ Ww. Die Abtei hatte seit 1278 einen Hof mit Mühle, welchen ihr Ritter Gobelin von Rübenach geschenkt hatte. 1372 kaufte sie von dem Koblenzer Juden Josef Lyvermann für 299 Mark eine weitere Mühle, die „in der Bach zu Rübenach“ gelegen war. Später wurde der Besitz von Metternich aus verwaltet.
  1. Benediktinerabtei Rommersdorf bei Neuwied. Jutta, Tochter des Ritters Heinrich von Nistre, Burgmann auf Isenburg, schenkte 1297 dem Abte Eynolph u. a. Äcker, Geld-, Hühner- und Gänsezinsen, die ihr vom Vogt in Rübenach zustanden, doch diese Rechte werden später nicht mehr erwähnt.
  1. Die Herren von Breidbach zu Moselweiß besaßen zwei Höfe in Rübenach, die durch Hugo Reinhards von Breidbach dem Siegburger Benediktinerkloster vererbt worden waren. 1668 gelangten sie an den Trierer Kurfürsten Carl Casper von der Leyen. Am Ende des 18. Jahrhunderts besaßen die beiden Höfe die Grafen von Metternich.
  1. Zisterzienserinnen von (Koblenz) Wallersheim; vor 1800
  1. Es dürfte selbstverständlich sein, dass der Besitz der Trierer Benediktinerabtei St. Maximin besonders stattlich war: Die Abtei besaß einen Hof mit „ziemlichem“ Grundbesitz, einer Mühle, die verpachtet wurde und einem Waldareal, der  „hohe Wald“ geheißen, der von der Gemeinde gepachtet war. Einiges Land, das die Herren von Isenburg-Grenzau von der Abtei zu Lehen hatten, war nach dem Aussteben des Geschlechts – 1664 – durch den Erzbischof Carl Caspar von der Leyen an dessen Familie gekommen. Zu dessen Gunsten (!) verzichtete die Abtei 1675 auf ihre Lehnsherrlichkeit. Noch um 1800 hatte St. Maximin 16 Hektar Land, 5 Hektar Wiesen und eine Mühle.
  1. Der Pfarrei Rübenach gehörten um 1800 23 Hektar Land.

Eine außerordentliche Bedeutung im Wirtschaftsleben des Dorfes genossen die vielen Mühen, von denen die bedeutendste die Maximiner Mühle war, die gleichzeitig die Bannmühle gewesen sein wird. Die alte Mühle ist bekannt unter dem Namen „Hahnsmühle“ (Heute führt sie den Namen Kuffnermühle). Nach einer Zeichnung von LEPTIEN, H. (nach HAHN, J. J.) handelt es sich bei dem Hauptbau um ein sich dem Quadrat näherndes rechteckiges Gebäude von vier zu vier Achsen, mit zwei massiven Geschossen, Fachwerkgiebel und hohem, mit drei Reihen von Gauben besetztem Krüppelwalmdach (im Kern noch spätmittelalterlich?). Doch schon recht früh sind andere Mühlen erwähnt: Die beiden von der Abtei Marienstatt (1278 und 1372) wurden bereits vorgestellt. Im selben Jahr erwirbt auch die Zisterzienserinnenabtei Machern eine Mühle und wiederum im selben Jahr  wird eine Mühle gennant, die im „Reuenacherweg“ gelegen war, in der Rübenacher Gemarkung und die den Namen „Schultheißenmule“ trug.

Doppelmühle, Wilhelmsmühle und Zerwasmühle waren in ihrer letzten Ausprägung zweigeschossige Bauten mit massivem Untergeschoss, Fachwerkobergeschoss und Krüppelwalmdach; die letztgenannte war über der Tür 1758 und 1766 datiert. Die Namen sind wahrscheinlich im späten 18. Jahrhundert aufgekommen. 1789 gab es 10 Mühlen in der Dorfgemarkung (am Bubenheimer Bach, er ist in seinem oberen Lauf namenlos: deshalb auch die einfache Bezeichnung „an der Bach“). Die Tranchot-Karte (vor 1813) nennt von Westen (Bachoberlauf) nach Osten: Richardsmühle, Müllerpetersmühle, Willemsmühle, Doppelmühle, Maximiner Mühle, Eltzer Mühle und Malleyamesmühle. Auf der Topographischen Karte der Rheinlande und Westfalen (1841 – 1858) sind 8 Mühlen eingetragen.

Neben dem oben aufgezeigten Besitz der geistlichen Institutionen erfordert natürlich auch des Besitztum des Adels und anderer Familien Beachtung. Teilweise wurde er ja bereits erwähnt.

1408 bestätigte König Rupprecht von der Pfalz einen Vergleich zwischen den Erben Heinrichs von Pfaffendorf, gen. Von Rin, nämlich Emmerich von Lahnstein, Siegfried Waldpott von Bassenheim, Diethard von Westerburg und Hermann von Helfenstein einerseitz und den Brüdern Ludwig und Friedrich  Zant von Merl anderseitz, „wonach die ersteren von den Zant die kurpfälzischen Lehen zu Ober- und Niederengers und zu Rübenach nebst 6 Maltern Korngülte gekommen sollten. Auch Pfalzgraf Otto belehnte den Siegfried Waldpott von Bassenheim auf Grund eines Lehensbriefes des Pfalzgrafen Rupprecht mit einer Kornernte von 6 Maltern zu Ober- und Niederengers und zu Rübenach.

Aufschlussreich ist die Urkunde aus 1445: Danach verkauften Johann Herr zu Helfenstein und seine Ehefrau Else ihren „erbeigenen Hoff und Hoffraite mit Garten im Dorf Rübenach zwischen Johann von Elczes Backhaus und (dem Besitz) Everhard (s) von der Arcken“. Aus dem 15. Jahrhundert sind noch weitere Hofnennungen überliefert: 1445 der Hof der Schilling von Lahnstein.

Es erscheint selbstverständlich, dass gerade die Herren von Eltz ihren Besitz in Rübenach stets zu vergrößern und abzurunden trachteten. Auch spielten ihre Rübenacher Lehen und Besitzungen eine nicht unwesentliche Rolle im Rahmen der Familienpolitik. „Unter dem Dinchuyß“ zu Koblenz bezeugte Siegfried IV., Sohn des Herrn Walpod, am 12.6.1316 die Übertragung all ihres Gutes zu Rübenach seitens der Mechthild, Tochter des Herren Richard Vogts zu Rübenach an ihren Schwager Werner Brender zu Eltz“. So bewittumte z. B. „Peter Herr zu Eltz gen. Von Oir (Ur) seine Gattin Nese von Eych … auf des halben Lehen zu Rübenach als Luxemburger Lehen“. 1442 erklärten Johann Herr zu Eltz und seine Frau, u. a. ein Viertel am Zehnten, der Mühle und dem Kirchensatz zu Rübenach als „Hilliggut“ (= Heiratsgut) für ihre ältere Tochter Katharine. 1577 löste Friedrich von Eltz-Pirmont eine Rente von 15 fl., die auf dem Hof zu Rübenach lag und die den Brüdern Michael und Georg von Cöln verpfändet war, wieder ein.

Die Erwerbspolitik des Hauses Eltz ist besonders gut durch zwei Urkunden des 15. Jahrhunderts fassbar: 1434 kaufte Johann Herr zu Eltz von Elisabeth von dem Geisbusch, Witwe des Gothard vom Bongart, deren Güter zu Rübenach für 500 fl. Und 1464 verkauften Prior und Konvent der Koblenzer Karthause dem Johann Herrn zu Eltz und seiner Ehefrau Agnes ihr Haus , Scheuer, Hofraite und Weinberge etc., gelegen beim Eltzer Hof zu Rübenach, für eine Kornrente von 3 Maltern, die sie dem Ehepaar schuldeten. Der Hof war vordem den Karthäusern „wegen versessener Zinsen von Heinzchen Hellink zugefallen“. Über den Umfang der Eltzer Besitzungen gibt eine Urkunde aus 1509 – wenn auch nicht in Zahlen, sondern nur als Aufzählung – Auskunft: Hiernach erhielten die Kinder der Dorothea, der Frau des Johann III. von Eltz, von ihrem Großvater „Burg und Haus zu Rübenach mit allen Höfen, Hofraithen, Ställen, Kelterhaus, Scheuern mit allem Begriff, auch Gärten, Weinberge, Ackerland, Wiesen, Wälder, Schäferei, Wasser, Weide, Zehnten mit aller Herrlichkeit und Oberheit, Zinsen, Renten, Gülten, Gänsen und Hühnern … Der Kirchensatz zu Rübenach soll jedoch gemeinschaftlich bleiben“. Zusätzliche Angaben zu Burg und Hof gibt eine Urkunde vom 17. April 1466: danach „belehnte Wilhelm von Saintsoignes Ritter Herr zu Thomaille, Rath und Kämmerer des Herzogs von Burgunt und Brabant, dem Johann Herr zu Eltz im Namen seines Herren wegen des Herzogtums Luxemburg mit dem Thurme zu Rübenach, dem alten Hause dabei, dem Hofe abwärts hin in die Hundsgasse und der Vogtei nebs Bedekorn“. Mit dem Thurm ist das heute noch stehende Burghaus gemeint, woran sich nach Osten das ältere Gebäude angeschlossen haben muss (jetzt nicht mehr vorhanden). Da schon 1466 der Wirtschaftshof zur Hundsgasse (von-Eltz-Straße) hin gelegen hat, darf vermutet werden, dass die jetzigen Gebäude nicht nur funktions-, sondern auch Lage  mäßig (ungefähr) die Stelle eingenommen hatten, die sie noch immer inne haben.

Das nahe Koblenz scheint durch seine besseren Verdienst- und Absatzmöglichkeiten manchen Rübenacher verlockt zu haben, nach dorthin zu ziehen. 1381 ist für Koblenz ein Weber Johann von Revenach bezeugt. Vielleicht war auch das ein Grund für das Wüstwerden der in der Dorfgemarkung gelegenen ehemaligen Siedlungsplätze.
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Der große Brand in Rübenach 1841

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von Hans Gappenach

In jeder Ortschaft gab es in früheren Jahrhunderten verheerende Brände, die Elend und unvorstellbare Not über die betroffene Familien brachten. Blitzeinschläge oder zu leichtfertiger Umgang mit dem Feuer waren häufig die Ursache; strohgedeckte Dächer boten im übrigen den Flammen leichte Nahrung. Ein solches Schrecknis jedoch, wie es im Jahre 1841 über Rübenach kam, verzeichnet im Koblenzer Raum kein anderes Dorf.

In trockenster Jahreszeit wütete die Feuersbrunst; binnen drei Stunden hatte sie ihr grausames Werk vollbracht. Der Aschenregen stieg hoch in die Lüfte und ging bei Herschwiesen und Oppenhausen auf dem Hunsrück nieder. Tagelang glomm und schwelte es in den zusammengestürzten, verkohlten Trümmern.

Dieses furchtbare Ereignis ist noch heute in Erinnerung der Rübenacher lebendig; wenn auch inzwischen viele Dezennien vergangen sind. Kaum eine Familie blieb verschont und von Generation zu Generatin wurden die Geschehnisse weitergegeben. Dennoch schlich sich dabei manches Unrichtige ein. Anderes geriet in Vergessenheit. Anhand noch vorhandener Unterlagen sei darum hier dieses traurige Kapitel Rübenacher Geschichte genauestens rekonstruiert:

So sehr sich später auch die von dem Kgl. Oberprokurator eingesetzte Kommission bemühte, genau ließ sich die eigentliche Brandursache nie klären. Soviel scheint gewiss zu sein: In der Zimmermanns-Werkstätte des Johann Müller (hinter dem heutigen Anwesen Nagel) soll der Brandherd gewesen sein.

Am Samstag, dem 5. Juni, nachmittags um 15:30 Uhr, kündigte die Brandglocke das Unheil an. Nur wenige Menschen weilten im Dorf, fast die gesamte Einwohnerschaft arbeitete auf den Äckern. Der Bürgermeister und der Ortsschöffe waren um 3 Uhr in Richtung „Wäschebuur“ gegangen, um eine neue Wegeanlage zu revidieren. Sie sahen das Feuer sofort und standen wenige Minuten nach dem Ausbruch mit den ersten an der Brandstelle. Umgehend wurde ein Expressbote nach Koblenz gesandt, der Bereits um 4 Uhr auf der Hauptwache einlief.

Die Flammen griffen mit rasender Geschwindigkeit um sich. Bald war die Rübenacher Feuerwehr zur Stelle; sie machte den Versuch, auf der oberen Seite des Dorfes nach der alten Schule zu dem Feuer Einhalt zu gebieten. Auf der anderen Seite des Ortes, in Richtung Koblenz, schien das aussichtslos.

Die Einwohner des Dorfes, die inzwischen von den Feldern gekommen waren, versuchten zu retten, was zu retten war, aber ein nachhaltiger Wiederstand gegen die Flammen wurde erst möglich, als die Wehren von Mülheim, Kärlich und Kettig angekommen waren. Die Hilfsmannschaften und Spritzen gerade des letzten Ortes haben zur Erhaltung der alten „Hundsgasse“ (von-Eltz-Straße) wesentlich beigetragen; dass manch schöner Fachwerkbau dort heute noch steht, kommt auf ihr Konto.

Nach und nach trafen dann die Hilfen aus anderen Orten ein. Genau siebzehn Feuerspritzen mit entsprechenden Hilfsmannschaften waren schließlich anwesend: Kärlich, Mülheim, Kettig, Bassenheim, Dieblich, Güls, Kobern, Winnigen, Koblenz, Neuwied Kesselheim, Metternich, St. Sebastian, Vallendar, Bendorf und Urmitz. Ihre Aufgabe konnte es jedoch nur sein, dafür Sorge zu tragen, dass nicht buchstäblich der ganze Ort abbrannte. Dieses Ziel wurde erreicht; nach drei Stunden hatte man das Feuer auf die betroffene Ortskomplexe eingedämmt und auch einige übergesprungene kleinere Nebenbrände gelöscht.

Am gleichen Tag noch eilte der Kgl. Regierungspräsident Freiherr von Schleinitz nach Rübenach, um sich persönlich von der Verheerung ein Bild zu machen und höheren Orts darüber zu berichten. Details ließen sich bei der herrschenden Verwirrung noch nicht erkennen, doch die ersten Ermittlungen ergaben, dass die Flammen 101 Häuser und 350 Nebengebäude vernichtet hatten.

Rübenach zählte zu dieser Zeit 207 Feuerstellen. Mithin war das halbe Dorf – und zwar der ältere, wohlhabendere Teil – dem Brandunglück zum Opfer gefallen. Zwei Menschenleben wurden beklagt; ein Greis, der halb gelähmt im Lehnstuhl saß, konnte sich nicht mehr retten und die verstümmelten Gebeine einer Frau fand man erst bei Aufräumungsarbeiten in den späteren Tagen (Nikolaus Alsbach, 81 Jahre; Gertrud Löf, 42 Jahre, Mutter zweier Kinder). Eine Gebärende konnte im letzten Augenblick noch ins Freie getragen werden; sie litt monatelang an einem Nervenschock. Fünf Menschen waren durch Brandwunden schwer verletzt; zwei von ihnen starben an den Folgen (Jakob Mohrs, 44 Jahre; Johann Mohrs, 56 Jahre, Vater von drei halbwüchsigen Kinder); um das Leben von drei weiteren Personen wurde monatelang gerungen, vier Menschen tragen geringere Verletzungen davon.

Unübersehbar war der Schaden im einzelnen: 99 Familien hatten ihre gesamte Habe verloren; Mobiliar, Lebensmittel, Kleidungsstücke, Getreide und Brotfrucht, neben dem Ackergerät auch zahlreiche Pferde, 38 Stück Weidevieh, über 100 Schweine und zahlreiche Kleintiere. 640 Menschen standen buchstäblich vor dem Nichts; nur das war gerettet, was sie auf die Äcker mitgenommen hatten.

Unvorstellbare Not war zu lindern; zuerst galt es, die Obdachlosen unterzubringen. Dazu standen nur die erhalten gebliebenen, allesamt kleinen Häuser in der Hundsgasse und der Bubenheimer Straße zur Verfügung. „Das Pfarrhaus quoll über vor Menschen“, wird eigens im Protokoll vermerkt; 24 Personen lebten in einem anderen Fall in winzigen Häuschen in der Kirchstraße; teilweise mussten die Betroffenen auch zu Verwandten nach Metternich, Mülheim oder Bubenheim. Die Versorgung mit Brot war die nächste ortsbehördliche Leistung. Eine eigene Kommission hatte die tägliche Abgabe von Broten je nach Zahl der Familienangehörigen zu tätigen. Die Liste der über lange Monate währende Brotverteilung sind erhalten und können Hinweise auf die Opfer des Unglücks geben. Im Wald wurden Distrikte zum Einschlag freigegeben, damit die Familien ihre Notquartiere heizen konnten.

So unbeschreiblich das Elend auch war, von allen Seiten verspürten die Rübenacher Hilfe. Selbst kleinere Gemeinden zeigten Rührung und Mitgefühl. Alle Wohltäter aufzuzählen, ist unmöglich; es würde kein Ort der näheren und weiteren Umgebung in dieser mehrere Seiten füllenden Tabelle fehlen; auch zahlreiche bessergestellte Familien und die umliegenden Adelsfamilien wären zu nennen. Die noch vorhandenen Aufstellungen ergeben ein deutliches Bild von der überaus großen Spendenfreudigkeit. Vom „warmen Bett“ bis zum „wüllen Kinderunterhösgen“ wurde alles mit preußischer Genauigkeit vermerkt und zur Verteilung an die eigens gebildete Unterstützungskommission,  bestehend aus Pfarrer Blaeser, Gutsbesitzer Dominikus Conrad, Ortsschöffe Kray und dem Ackersmann Peter Heimes weitergeleitet.

Die Regierung hatte zu Sammelaktionen und Hauskollekten aufgerufen. An Spenden liefen u. a. ein: aus den Regierungsbezirken Düsseldorf 870 Taler, Aachen 226 Taler, Koblenz 2246 Taler, Stadt Koblenz 1238 Taler. Die Stadt Mayen veranstaltete Instrumentalkonzerte zugunsten der Rübenacher Brandverunglückten und stellte den Erlös für die Beschaffung von Handwerksgerät zur Verfügung.

Die gerechte Verteilung der Spenden und Unterstützungsgelder war nicht leicht. Es musste zuvor unter Zeugen die Größe der Verluste registriert werden, um gezielt und individuell helfen zu können. Man kam, je nach Vermögen und Verlust, zu einer Einteilung in drei Klassen; 13 Familien wurden als „wohlhabend“ eingestuft, 22 als mittelmäßig begütert, 64 zur ärmeren Klasse gehörig, als sehr unterstützungsbedürftig bezeichnet. Besonders schlächt standen die Pächter da, die auch für manches fremde Gut aufzukommen hatten. Von ihnen wanderten einige Familien nach Amerika aus.

Die Schätzungen des Gesamtschadens beliefen sich auf 100000 Taler; 36000 Taler konnte man aus Versicherungsgeldern erwarten; lediglich ein Teil der Häuser war nämlich überhaupt, vieles unter Wert versichert.

Doch der Schrecken und die Not können die Rübenacher nur wenige Tage gelähmt haben, bald schon machten sie sich an die Arbeit. Man gedachte noch vor dem Winter einen Teil der Häuser wieder errichten zu können, ein Plan, der sich nicht verwirklichen ließ. Als erstes galt es, die Brandstellen aufzuräumen, den Schutt abzufahren und das Gelände zu planieren. Militär aus Koblenz wurde abgeordert. Mit Gespannen und Aufräumungstrupps halfen vor allem die Orte Winnigen und St. Sebastian. Aber auch alte Dorfrivalitäten kamen zum Vorschein, wenn es im Protokoll heißt, die Kärlicher und Kettiger Bürgermeister hätten sich geweigert, Gespanne für die Schuttbeförderung zu stellen, da ihnen vor Jahren (1827 und 1838) auch niemand geholfen habe.

Der rasche Aufbau verzögerte sich jedoch hauptssächlich aus einem anderen Grunde. Im Gemeinderat war die Idee aufgekommen,  der Koblenz – Mayener Straße nicht mehr die krumme und verwinkelte Form zu geben, die sie bis dahin hatte. Es bestand die Möglichkeit, sie  breit und kerzengerade durch den Ort zu führe. Das bedurfte langwieriger Verhandlungen sowohl mit den Behörden wie auch mit den Eigentümern, die ihre angestammten Wohnplätze verloren. Dennoch gelang es schließlich trotz aller Einsprüche. Die ehemalige Hauptstraße blieb unter dem Namen „Alte Straße“ erhalten. Auf der nachfolgenden katasteramtlichen Karte aus dem Jahre 1809 findet sich noch der frühere Straßenverlauf.

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Katasteramtlicher Plan des Ortes aus dem Jahre 1809

So idyllisch auch ehedem der Ortskern mit dem wichtigsten Platz „am Buur“, wo die Postkutsche hielt, gewesen sein mag, es zeugte doch für die Weitsicht der damaligen Verantwortlichen, dass sie ihren Plan durchsetzen konnten und so dem Dorf die eigentlich schöne Hauptstraße gaben, die auch dem heutigen Verkehr noch gewachsen ist. (Stand 1975!)

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Die katholische Pfarrkirche

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von Udo Liessem

Die mittelalterlichen Vorläufer der heutigen Kirche interessieren hier nicht, da sie bereits an anderer Stelle abgehandelt worden sind. Für die Baugeschichte der noch stehenden Kirche sind jedoch die Lassaulx´schen Pläne von größter Bedeutung.

Am 19. Mai 1846 wurde Johann Claudius von Lassaulx beauftragt, einen Plan und Kostenanschlag zu machen, der 30000 Taler nicht überschreiten sollte. Auf den Koblenzer war man wahrscheinlich deshalb verfallen, weil man wenige Jahre vorher beim Bau des Rübenacher Pfarrhauses (1839) gut mit ihm zurechtgekommen war. Die Pläne wurden angefertigt und unter dem 10. Dezember 1848 machte v. Lassaulx Witwe, er war am 14. Oktober verstorben, seine Honoraransprüche geltend, stieß jedoch auf wenig Entgegenkommen, so dass sogar der Landrat miteinbezogen werden musste.

Die Kirchenbaupläne gerieten ins Stocken, wurden zwar 1853 wieder aufgefrischt, bekamen aber erst am 14. August 1856 Gewicht, da unter diesem Datum ein Geldbeschaffungsplan an den Landrat eingesandt wurde. Bald darauf wird Bürgermeister Hubaleck mit dem Kölner Architekten Vincenz Statz in Verbindung getreten sein, denn in einem Brief des Baumeisters vom 27. November 1856 ist davon die Rede, dass der Plan für die Kirche in Arbeit sei.

Der Kölner Vincenz Statz (1819-1898) war aus der Dombauhütte in Köln hervorgegangen, in die er 1841 eingetreten war und wo er ab 1845 die Stelle eines zweiten Domwerkmeisters ausübte. 1854 trat er aus der Hütte aus und machte sich selbstständig. Statz ist wohl der konsequenteste Neugotiker, den die Rheinlande hervorgebracht haben. Und so nimmt es nicht Wunder, dass August Reichensperger, einer der brilliantesten Verfechter  der (Neu-) Gotik in Wort und Schrift, mit ihm befreundet war und sich, da er größten Einfluss ausübte, für Statz einsetzte. Auf diesen Einsatz ist es wohl auch zurückzuführen, dass Statz bereits 1851 die Restaurierung der Liebfrauenkirche in Koblenz zugesprochen bekam. Überhaupt hat Statz viel restauriert und größtes Verständnis für die mittelalterliche Kunst gezeigt und hat sich, so weit es möglich war, für die Beibehaltung der alten Bausubstanz bemüht. In Niedermendig ist auf ausdrücklichen Wunsch Statzens das „alte christliche Baudenkmal“, gemeint ist die romanische Cypriacuskirche, erhalten worden und parallel zur alten wurde die neue Kirche gebaut. Das war auch sein Vorhaben in Rübenach gewesen und er hatte sich, wie bereits gestreift, tatkräftig für den erhalt der romanischen Mauritiuskirche eingesetzt.

Bevor Statz den Auftrag für Rübenach bekommen hatte, hatte er sich im Rheinland und darüber hinaus einen Klangvollen Namen geschaffen, so hatte er u. a. Arbeiten in Neustadt b. Berlin, Riga, Berlin, Dessau durchgeführt. Größte Anerkennung hatten dem Rheinländer seine mit dem zweiten Preis bedachten Entwurf für die Votivkirche in Wien und die Goldene Medaille, die er seinem Wettbewerbsentwurf für eine Kathedrale in Lille verdankt, eingebracht. Betrachtet man die (unvollständige) Verbreitungskarte der Bauten Statzens bei Verbeek, so fällt deutlich auf, dass im Gebiet des linksrheinischen Teils des Kreises Koblenz-Mayen (und in Koblenz selbst) eine Häufung von Bauten des Kölners anzutreffen ist, von denen Nickenich und Niedermendig schon vor dem Bau der Kirche in Rübenach erstellt waren, so dass die Rübenacher sein Können aus nächster Nähe beurteilen konnten. Besonders hervorgehoben werden muss die Rheinbrohler Kirche, deren Pläne 1852 von Statz vorgelegt worden waren. So werden denn dieselben Gründe, die etwas später den Plaidter Pfarrer bewogen hatten, sich an Statz zu wenden, da dieser sich „durch die Anfertigung von Plänen zu neuen Kirchen schon einen berühmten Namen erworben hatte“, auch in Rübenach den Ausschlag für die Wahl des Kölners gegeben haben.

Das Urteil August Reichensperger soll dafür stehen, wie die Zeitgenossen Statz gesehen haben (Das betrifft jedoch nicht die letzten Jahre im Leben Statzens, der sich selbst, was seine Baukunst anging, überlebt hatte. Er war „unmodern“ geworden): „Ich brauche nur den Namen eines V. Statz … zu nennen, von welchem … schon mehr als ein halbes Hundert Kirchenbauten herrühren, alle in gotischem Stil, und zwar nicht in jenem schwächlichen, maskenhaften, der nur durch gewisse Äußerlichkeiten zu wirken sucht und – versteht, sondern in der kerngesunden, keimhaft aus der Tiefe sich entwickelnden und organisch bis in die höchste Spitze sich entfaltende Art, welche in den Wunderwerken des Mittelalters lebt“.

Zurück zu Rübenach: Statz hatte für dieses Vorhaben zwei Alternativen entworfen: einmal die Kirche ohne Turm und einmal mit Turm. Wie aus einem Schreiben des bischöflichen Generalvikariats hervorgeht (14. August 1857) sind die Pläne im Juli/August fertig geworden und die bischöfliche Behörde gab der aufwendigeren Lösung (mit Turm) den Vorzug. Zwei Kostenvoranschläge vom 20. Oktober und 11. November 1857 beliefen sich auf 34 000 Taler ohne und auf 45 000 Taler mit Turm. Am 24. November des gleichen Jahres schon beschließt der Schöffenrat, den Plan mit dem Turm zur Ausführung kommen zu lassen. Aber noch am 19. Dezember 1857 fehlen die Detailpläne. Weil die von Statz angegebene Summen zu hoch erschienen, wurde sich in Kottenheim und Niedermendig, wo Statz ebenfalls Kirchen errichtet hatte, nach den dort angefallenen Kosten erkundigt. In den Antwortschreiben, die beide vom 11. Januar 1858 datierten, wurden für Kottenheim eine Gesamtsumme von nur 14 000 Taler und 150 Taler Architektenhonorar und für Niedermendig 32 000 Taler für die Baukosten und 360 Taler Honorar angegeben. Unter dem 2. Februar 1858 wurde Statz sogar vom Landratsamt aufgefordert, die Rechnungen für die Rheinbrohler Kirche einzusenden (27 000 Taler Gesamtbaukosten, 300 Taler Plan und Kostenanschlag, 500 Taler Bauaufsicht). Die hohen Kosten, die Statz errechnet hatte, waren vor allem durch das kostspielige Baumaterial, u. a. Udelfinger Sandstein, entstanden. Hiergegen wehrte sich vor allem Bürgermeister Hubaleck. In einem Schreiben vom 14. April 1859 teilte das Landratsamt in dieser Angelegenheit mit, „dass, in Übereinstimmung mit der Ansicht des Bürgermeisters der Niedermendiger Stein für das Äußere dem Sandstein undbedingt vorzuziehen ist, nicht allein der Festigkeit wegen, sondern auch wegen der Übereinstimmung der Farben mit dem übrigen Mauerwerk“. Und im Protokoll des Schöffenrates steht unter dem 8. August 1859, dass die Kosten wegen der Wahl eines anderen Materials auf 33 000 Taler (statt 45 000 Taler) gesenkt werden können. Man wollte Mendiger, Riedener und Beller Stein verwenden und ferner sei „der zu hiesigen Hausbauten gebräuchliche  Lavastein vom Karmelenberg (= Schaumlava), welcher sich zu jeder Formbearbeiten lässt …“, vorzuziehen.

Da Statz den Bau nicht selbst beaufsichtigen konnte, musste ein anderer das bewerkstelligen. Nachdem eine erste Anfrage bei H. Nebel (1857) nicht zum Tragen gekommen war, wurde J. Cremer befragt, der aber ebenfalls nicht die Bauaufsicht übernahm (1858).

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Kirche vor der Zerstörung 1942, Kirchturm (Detailaufnahme) Wechsel des Quadratgrundriss in die achteckige Turmform

Nachdem der Koblenzer Kreisbaumeister Nell (laut einem Brief vom 29. November 1860) den Plan und den Kostenvoranschlag überprüft und für stimmig erachtet hatte, konnte mit dem Bau endlich begonnen werden. Das Datum für das Abstechen der Baustelle wurde nun endgültig auf den 24. Februar 1862 festgelegt. Am 14. April schließlich wurde noch beschlossen, das Kirchenschiff um ein Joch zu verlängern, Mehrkosten  2900 Taler. Ähnliches war auch in Rheinbrohl geschehen, damals hatte die Erweiterung aber nur 2000 Taler ausgemacht. Auch die Sakristei ist erst nachträglich projektiert worden. Es wäre möglich, dass Statz von dem Gedanken ausgegangen war, die alte Kirche als Sakristei zu benutzen und dadurch noch ein zusätzliches Argument zu deren Beibehaltung zu bekommen.

Die Frage der Bauaufsicht wurde erst nach einer Eingabe vom 14. März 1862, die der Landrat befürwortete, geklärt. Nach dieser Eingabe sollte an Stelle des Maurer- und Zimmermeisters Riemann der Koblenzer Stadtbaumeister Hermann Nebel, an den man ja schon einmal herangetreten war , den Bau leiten; Nebel akzeptierte.

Der einzige Plan der Rübenacher Kirche, der noch überdauert hat, scheint der Arbeitsplan Nebels gewesen zu sein. Er muss vor dem 14. April 1862 entstanden sein, denn die Kirche hat noch vier Joche. Ferner fehlte ihr die Sängertribüne, die später – aber noch während des Baues – angefügt worden ist (was nicht sonderlich gut geschehen ist). Die Sakristei ist später in den Plan hinzugezeichnet worden.

Der Plan, den Vincenz Statz für die Rübenacher Kirche entworfen hatte und der dann auch wirklich ausgeführt worden ist, wird erst verständlich, wenn man das Lassaulx´sche Vorhaben aus den Jahre 1846/47 kennt. Zum Glück ist in einer Flurkarte von Rübenach – es ging hier um die leidige Platzfrage – der Lassaulx´sche Plan wenigstens in Umrissen angegeben. Da v. Lassaulx aber einen ganz bestimmten, von ihm schon vorher veröffentlichten Plan, in Rübenach zu realisieren trachtete, sind wir in der Lage genaue Angaben über diesen Bau zu machen.

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Innenraum um 1920, Altarraum um 1930

Lassaulx hatte in den Jahren 1846/47 die Ramersdorfer Kapelle, ein Bau des frühen 13. Jahrhunderts, von Ramersdorf (bei Bonn-Beul) nach Bonn auf den dortigen Friedhof transloziert. Diese Kirche hatte ihn so fasziniert, dass er sie als Lithographie in Grundriss, Schnitten und Details herausbrachte und gleichzeitig den Grundriss der Kapelle zu einer Kirche von 12 267 Quadratfuß umwandelte. Den aus dem Achteck konstruierten Chor von Ramersdorf wandelte Lassaulx in ein Zwölfeck um. Die polygonalen Seitenschiffsapsiden behielt er bei. Die größte Veränderung bestand in dem hinzufügen eines sehr schmalen Querhauses und der Vorblendung eines Westturmpaares. Das Gewölbe der dreischiffigen Hallenkirche sollte durch nur vier schlanke Säulen getragen werden!

Die Kirchen von Ernst und Nickenich sind abgewandelte Muster dieses Idealgrundrisses, eine dritte Kirche nach diesm Plan sollte in Polch verwirklicht werden, kam aber dort nicht zum Zuge. Schweiger konnte nachweisen, dass v. Lassaulx 1847 noch an einem weiteren Projekt dieses Grundrisstyps arbeitete. Das Schweiger noch unbekannte Projekt ist mit dem Rübenacher Entwurf zu identifizieren.

Lassaulx Plan von Rübenach konnte leider nie verwirklicht werden. Jedoch Statz muss ihn noch gekannt haben. Seine Chorlösung, die Anbindung der Seitenschiffsapsiden an das Chorhaupt sind nur als Wiederaufnahme des Gedankengutes von v. Lassaulx verständlich. Auch derTyp der Hallenkirche wird auf die Entwürfe des königlichen Bauinspektors zurückgehen.

Die Rübenacher Kirche Statzens ist eine dreischiffige Hallenkirche von vier (später fünf) Jochen und einem aus dem Zwölfeck konstruierten Chor. Die Seitenschiffe schließen mit drei Seiten eines Sechsecks. In der Achs des Hauptschiffes steht der mächtige Westturm (Vorbild könnte Grenderich gewesen sein), der teilweise in die Kirche eingebunden ist.

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Grundriss der ursprünglichen Version (4 Joche). Die Apsis – 1942 zerstört – wurde 1952 nicht mehr aufgebaut.

Im Norden und Süden von ihm befinden sich zwei annexartige Anbauten, die im Äußeren durch ihre quergestellten Satteldächer auffallen und den Eindruck eines Querschiffes suggerieren. Der Turm öffnet sich in seinem Untergeschoss noch Osten und eine kleine dreischiffige Halle trägt die Orgeltribüne. Zwei weitere, zu beiden Seiten des Turmes, teilweise in seiner Mauerstärke, gestatten den Zugang vom Kircheninnern zu den Turmobergeschossen. Während der Turmhelm aus Stein ist, überzieht ein riesiges, geknicktes und geschiefertes Dach das Langhaus. Der Chor wurde besonders hervorgehoben, indem sich die Dachhaut über dem Chorhaupt zeltartig anhob und in einem kleinen, achteckigem Dachreiter gipfelte. Die Chorpartie wurde noch zusätzlich durch die beiden schlanken Helme der chorflankierenden Treppentürmchen unterstrichen. Die geradezu delikate Lösung des Chorhauptes kommt besonders im Innern voll zur Geltung: Acht Ecken des Zwölfecks formen das Chorhaupt und zwei weitere werden in das Kircheninnere in der Form von freistehenden Säulen hinein genommen. Die Verbindung zum Chor wird lediglich durch gotische Arkaden aufrecht gehalten.

Ein einfaches vierteiliges Kreuzrippengewölbe überspannt, von den nur durchschnittlich gestalteten Kapitellen ausgehend, das Mittelschiff. Die Seitenschiffsjoche haben ein ungleich kompliziertes achtteiliges Gewölbesystem, das durch seine einheftige Mittelrippe reizvolle Überschneidungen und Perspektiven eröffnet. Die  Dienste gehen von einem durchlaufenden profiliertem Sims an den Seitenwänden aus. Zwei einbahnige Fenster je Joch ergeben ein helles Licht. Die Außenwände werden durch alternierend starke und schwache Strebpfeiler, gegliedert, rufen jedoch eine gewisse Monotonie hervor. Im Vergleich dazu  ist der große Westturm zu „pompös“ ausgefallen; besonders der Übergang vom quadratischen Unterbau zum achtseitigen Aufsatz befriedigt nicht so recht.

Das besondere an diesem Kirchenbau Statzens ist, dass er einen  vorgefundenen Grundriss, der ein völlig anderes Stilempfinden ausdrückt, so umwandelt, dass daraus eine Eigenschöpfung wurde. Aus der klassizistischen Lösung Lassaulxs – mit neuromanischen Anklängen – wurde ein echter neugotischer Bau. Die großartige Chorlösung Lassaulxs beließ er, wandelte sie nur für seine Ideen um. Statz gelang es, einen Zentralraum mit einem Longitudinalraum organisch zu verbinden. Beide Raumkom-partimente behalten aber ihr Eigenleben in gewissem Maße bei. In dieser Verschmelzung von Chorhaupt und Langhaus liegt die besondere und kunsthistorisch wichtige Bedeutung der Rübenacher St. Mauritiuskirche.

Rübenach zählt zu den frühen Werken Statzens, „die ihre Frische und Klarheit wegen gegenüber den späteren hervorgehoben sind.

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Grundstein von 1862

Das Schlimmste was dieser Kirche  nach der Zerstörung des Chores widerfahren konnte, war nicht die purifizierende Ausmalung des Inneren, wobei alle Reste einer ehemaligen Ausmahlung und die herrlichen Fresken des Chores vernichtet bzw. überstrichen worden sind, sondern vielmehr der neue platte Chorabschluss, der die eigentliche Bauidee des Lassaulx, überliefert durch Staz, vollkommen vergewaltigte.

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1942 – Blick in den zerstörten Chorraum. Innenraum 1958 renoviert. Der Altarraum wurde 1966 der Liturgie entsprechend leicht verändert.

Es erscheint angebracht, bei der großen bau- und kunstgeschichtlichen Aufmerksamkeit, die diese Lösung beanspruchen darf, wenigstens die Umrisse des Chorhauptes außen im Boden zu markieren, um so die alte Bauidee nicht ganz in Vergessenheit geraten zu lassen.

Siehe auch Artikel Der Kirchenbau 1862–1866 und seine Vorgeschichte von Hans Gappenach oder Neubau der Kirche von Udo Liessem

Fotos von der heutigen Kirche siehe hier
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Unsere Nebenpatronin Adelgundis oder Aldegundis

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von Pfarrer Hermann Schon

Der Legende nach gehört sie zum Geschlecht der fränkischen Könige, ist um 630 in Hennegau geboren und war erste Äbtissin in einem Kloster zu Maubeuge an der Sambre. Sie wird angerufen als Patronin bei Krebskrankheiten. Ihre älteste Vita stammt aus der Karolingerzeit. Eine 1786 abgerissene Aldegundiskappele in Aachen, gehörte der Abtei Malmedy. In Rübenach wird 1656 Aldegundis als Nebenpatronin zu Mauritius genannt.

Am rechten Altarpfeiler der Pfarrkirche befindet sich eine barocke Holzplastik der Hl. Aldegundis, eine Bildhauerarbeit aus der gleichen Werkstatt, in der auch die Mauritius-Statue entstand.

Eine nähere Untersuchung und ein Vergleich mit anderen Aldegundispatrozinien können zu einem wahrscheinlichen Ergebnis führen. Als Wallfahrtsort bekannt ist, obwohl keine Kapelle mehr da ist , die Stelle der früheren Aldegundiskapelle im Wald bei Damscheid. Wie Maubeuge nicht so weit von St. Quensenbach. Die Kapelle bei Damscheid ist anscheinend sehr alt gewesen, ist vielleicht auf Echternacher Einfluss zurückzuführen; denn ähnlich ist auch in Emmerich / Niederrhein eine Adelgundiskirche an der Stelle der ersten Gründung Willibrords. Wie in der unmittelbaren Nähe von Damscheid das Remigiuspatrozium von Laudert finden so in Alf „Remigius“ und in Aldegund, der früheren Filiale von Alf die Patronin Aldegundis, die dem Ort den Namen gab. Auch in Aldegund war eine Wallfahrt, wenn auch später in den Sommer verlegt auf Bartholomäustag.

Rübenach hat unverkennbar Beziehungen zu Oberwesel und damit zu Damscheid. Die Ritter von Schönburg (Schonenburg) bei Oberwesel hatten 1303 das Patronat der Oberweseler Martinskirche, zu der Damscheid gehörte. Um dieselbe Zeit hatten dieselben Ritter auch Anteil am Patronatsrecht über Rübenach, so 1270 und 1349. Sicherlich ist durch diese das Aldegundispatrozinium nach Rübenach gekommen. Von Rübenach mag dasselbe Patrozinium nach Arzheim gekommen sein, da sowohl in Rübenach wie auch in Arzheim das Koblenzer Kastorstift Zehnt- bzw. Kollationsrecht besaß. – Eine andere Möglichkeit bestände darin, dass wie das Mauritiuspatrozinium Rübenach, so auch das Aldegundispatrozinium von Aachen her beeinflusst ist; die Aachener Aldegundiskapelle wird erwähnt 1064.
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Heilige Adelgundis von Maubeuge

von Diakon Bernhard Saxler

Benediktinerin, Äbtissin, Schwester der hl. Waldetrudis, Tante der hl. Adeltrudis, Namenstag: 30. Januar.

 Adelgundis, geboren um 630 im nördlichen Hennegau (heute Belgien), als Tochter eines Fürsten, verließ ihr Elternhaus, um einer drohenden Verheiratung zu entgehen und wurde Ordensschwester in Hautmont an der Sambre (Nordfrankreich). Im Jahre 661 gründete sie im nahen Maubeuge ein Benediktinerinnenkloster, dessen Äbtissin (Leiterin) sie wurde. Dieses Kloster wurde zu einer Zufluchtsstätte für Arme und Kranke. Adelgundis, die häufig Visionen (Bilder vom Himmel) hatte, die sehr anstrengend für sie waren, starb am 30. Januar 684 (oder 695 oder 700) nach geduldig ertragenem Krebsleiden. Ihre Reliquien werden in der Pfarrkirche von Maubeuge noch heute verehrt.

Sie wird dargestellt: Auf dem Wasser gehend (Flucht vor der Heirat) oder als Äbtissin. Als Attribute (Erkennungszeichen) hat sie einen Rosenkranz, eine Kerze (als mal eine brennende Kerze umgefallen war, hat sie aufgehört zu brennen. Adelgundis soll sie aufgehoben haben und da habe die Kerze von selber wieder gebrannt) oder/und eine Taube (die den Nonnenschleier hält), Krone und Zepter zu Füßen (weil sie von fürstlicher Abstammung war).

PATRONIN gegen Augen-, Brust-, und Kinderkrankheiten, Krebs, Kopfschmerzen, Geschwüre, Entzündungen, Fieber und plötzlichen Tod; für Kinder, die schwer gehen lernen. (aus: „Lexikon der Heiligen“, Voltmedia-Verlag, Paderborn, 2005)

Der Ort „Sankt Aldegund“ an der Mosel hat von Ihr den Namen seit über 900 Jahren.

Die Zeit nach dem 1. Weltkrieg

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von Udo Liessem

Nach der Jahrhundertwende, besonders aber nach dem Ersten Weltkrieg, regten sich die Vereinstätigkeiten: 1900 wurde der Turnverein gegründet. Den Anstoß zur Gründung der Freiwilligen Feuerwehr im Jahre 1911 hatte ein Brand des Vorjahres in der Kirchstraße (= „Mauritiusstraße“) gegeben; 1920 erfolgte eine Neugründung. 1919 war sowohl Gründungsjahr des Fußballvereins „Rheingold“ als auch der Schwerathletiksportvereine „Rheinland Rübenach“ und „Heros Rübenach“, die sich aber noch im selben Jahr zum ASV Rübenach zusammenschlossen.

Gleich zwei neue Gesangsvereine konstituierten sich: 1907 MGV „Sangeslust“, 1920 MGV „Lyra“. Das ganze Vereinswesen zeichnete sich dadurch aus, dass es die Geselligkeit pflegte und durch viele kleinere und größerer Reisen die Isolation des Dorfes sprengte. Als typisch muss gelten, dass alle Vereine, auch die Gesangsvereine, zunächst nur für Männer zugelassen waren (Selbstverständlich ist vom Mütterverein etc. abzusehen)! Den Anfang mit der Öffnung für Frauen machte der Turnverein, dessen Damenriege bereits 1925 öffentlich auftrat.

Am Beispiel eines Vereines – Kirchenchor „Cäcilia“ – soll aufgezeigt werden, welche Bedeutung den Vereinen zuzumessen ist: Der Verein, 1901 neu gegründet, unternahm bis zum ersten Weltkrieg mehrere Fahrten in die Nachbardörfer, meist um dort beim Cäcilienfest mitzuwirken. Folgende Orte wurden besucht (in Reihenfolge der Erwähnung): Kärlich, Güls,Kärlich, Mülheim, Kesselheim, Kettig, Weißenthurm, Urmitz. Ab 1903 wurden Familienausflüge durchgeführt, der erste per Schiff nach Königswinter mit Besichtigung der Burg Drachenfels; 1906 Bad Ems; 1910 Assmannshausen – Burg Rheinstein – „Nationaldenkmal“ (= Niederwalddenkmal) – Rüdesheim; 1911 Namedyer Sprudel (heute Andernach); 1913 Koblenz (Besichtigung der Alten Burg, des Alten Kaufhauses, des Schlosses) – Rheinanlagen – Rittersturz – Königsbach.

Der Krieg unterbrach die Vereinstätigkeit, die erst 1919 wieder auflebte. Bis 1938 besuchte „Cäcilia“ folgende Orte: Kärlich, Kaltenengers, St. Sebastian Metternich, Güls, Mülheim, Weißenthurm´, Bubenheim, Koblenz, Kettig, Rhens, Kaltenengers, Kärlich, Weißenthurm, Bassenheim. 1927 sang man in Singers-hahn/Hnsr. Bei der Einweihung einer Orgel, da der Rübenacher Kaplan aus diesem Ort stammte. 1936 war der Essener Chor zu Besuch in Rübenach,mit dem man einen Ausflug nach Bad Ems machte und der 1938 in Essen besucht wurde, was gleichzeitig die letzte Reise vor dem Krieg war. Der erste Familienausflug nach dem Ersten Weltkrieg hatte 1920 stattgefunden (Brodenbach – Ehrenburg); 1921 folgte Bingen – Rochusberg – Rüdesheim – Kloster Marienthal; 1922 Maria Laach.

Unterdessen machte sich die wirtschaftliche Lage bemerkbar: Vor dem Kriege hatte der Jahresbeitrag lediglich 1 Mark betragen, 1919 2 Mark, 1920 4 Mark, 1922 20 Mark. Im Juli 1923 wurde der Betrag auf 400 Mark festgesetzt. Für die neue Fahne, die ebenfalls im Juli 1923 angeschafft werden sollte, wurden zwischen 5 und 6 Millionen Mark angesetzt. Unter dem 10 Oktober 1923 war die Lage so verworren, dass im Protokollbuch stand: „Von einer endgültigen Festlegung der Jahresbeiträge wurde, infolge der noch immer fortschreitenden Geldentwertung, vorläufig abgesehen“. (Beim MGV „Lyra“ stieg der Beitrag im Jahre 1923 auf die monatliche Höhe von 500 Milliarden Mark!) Doch bereits ab Februar 1924 wurde von jedem Mitglied 1 Mark – am 15. November 1923 war die Rentenmark geschaffen worden – für die Fahne pro Monat abverlangt.

1924 erfolgte der erste Ausflug – sehr bescheiden nur nach Glüs. Die Familienausflüge alten Stils lebten nicht mehr auf, da sie wohl nichts mehr besonderes darstellten. Erst 1927 fand wieder einer statt und zwar zum Laacher See – aber mit dem Auto und das war etwas Neues, Ungewohntes, was man gerne machte. Trotzdem wurde der nächste Ausflug erst wieder 1935 durchgeführt. Er verlief über Stieldorf/Ww., Dreifelden nach Altenkirchen.

Ein großer Tag, für das ganze Dorf, war das 75jährige Stiftungsfest des Kirchenchores „Cäcilia“ am 2. Juni 1929. Am 18. August überreichte der Landrat Dr. G. Weil die Zelter Plakette in Silber (Vor „Cäcilia“ Rübenach sind im Landkreis Koblenz lediglich Gesangsvereine in Winningen 1838, Bendorf 1844, nochmals Bendorf 1846 und Mülheim 1847 gegründet worden).

Die Zeit des Nationalsozialismus machte sich indirekt spürbar (15. Mai 1938): „Der Vorsitzende . . . begrüßt die schlecht besuchte Versammlung . . . Der Nachwuchs an Sängern im Chor ist so gering, dass man um den bestand des Chores Sorge haben muss . . . Harte Zeiten fordern harte Maßnahmen“. Am 8. Juni 1939 wurde das 85jährige Stiftungsfest „auf unbestimmte Zeit vertagt“. Ab 1942 wurden die Vereinsversammlungen wieder zahlreich besucht (vielleicht ein Ausdruck der Solidarität gegen das herrschende System?).

Nach dem Kriege, 1946, hatte man einstimmig beschlossen, die drei dörflichen Gesangsvereine zum „Männerchor 1854 Rübenach“ zusammenzuschließen.
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Der Kirchenbau 1862–1866 und seine Vorgeschichte

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von Hans Gappenach

Die Mauritiuskirche steht jetzt rund 100 Jahre. Gemessen an unseren romanischen und gotischen Domen, an vielen anderen ehrwürdigen Kirchen im Land scheint das auf den ersten Blick bei einem sakralen Bauwerk kaum ein erwähnenswerter Zeitraum zu sein. Und dennoch, für eine Gemeinde zählt hier keineswegs nur das Alter nach Jahren. Mehreren Generationen, einer großen Zahl von Menschen, war diese Kirche ein Hort ihrer Freude und Trauer, ihrer Nöte und Sehnsüchte. Hier, hoch auf den Berg bringen die Rübenacher ihre Neugeborenen zur Taufe und auf dem gleichen Berg finden sie im Schatten des mächtigen Gotteshauses die letzte Ruhe. Für sie alle gilt ein anderer Maßstab.

Für diese Menschen ist vor allem auch – auf dem gleichen Platze stehend – Nachfolgerin des sehr alten Kirchlein ihrer Vorfahren. Sie bildet schließlich das bestimmende Merkmal der Ortssilhouette: weit über den Häusern thronend verleiht sie dem Dorf geradezu ein imposantes Aussehen. Ob man aus der Eifel, von den sanften Hügeln des Maifeldes herab ins Rheintal kommt oder auf den Höhen des Westerwaldes steht, die Kirche von Rübenach sieht man im Umkreis von nahezu 50 Kilometern. So hoch erhebt sie sich, denn sie steht auf einer Bergkuppe und ihr Turm misst 70 Meter. Erst weit unter ihr beginnen die engen Straßen, die ehemals den Kern des Dorfes bildeten, mit einer Reihe noch gut erhaltener, alter Fachwerkhäuser. Rübenach wird nicht zuletzt gerade durch St. Mauritius zu einem schönen Ort.

Die Baugeschichte der Kirche ist heute völlig vergessen, aber nichtsdestotrotz hochinteressant; sie musste nach den teilweise noch vorhandenen Akten und Urkunden rekonstruiert werden. Sehr lebendig in der Volkserinnerung erhalten sind allerdings eine Reihe von unerquicklichen Vorkommnissen, die sich im Zusammenhang mit dem Kirchenneubau abspielten, peinliche Zerwürfnisse mit den vorgesetzten Behörden, aufreibende Parteibildung innerhalb der Bevölkerung und eine militärische Zwangsbesetzung, der soge-nannte Kirchenstreit von 1866. Über ihn berichtet eine gesonderte Abhandlung. Hier sollen zuerst einmal die positiven Gesichtspunkte zu Wort kommen, die zu überwinden waren, bis das Werk gelang.

1. Die alte Kirche

Die alte Kirche von Rübenach, die in früheren Urkunden meist als „Kappelle“ bezeichnet wird, stammt aus der Zeit des Überganges vom romanischen zum Spitzbogenstil. Sie war wohl dreischiffig, doch lässt sich nachweisen, dass in jedem Jahrhundert Erweiterungen nötig wurden. In der Zeit zwischen 1456 und 1503 erhielten die Einwohner die Erlaubnis, das Chor einzureißen; aus diesen Jahren stammt also das gotische Chor. Im Jahre 1680 ist wieder die Rede von einer Vergrößerung: damals schlug der Herr von Eltz anlässlich einer Visitation vor, die Kirche in der Art zu vergrößern, dass auf der einen Seite das Seitenschiff mit der Sakristei vereinigt und auf der anderen Seite das Seitenschiff um ein Stück verlängert werde. 1738 wurden zwei große Fenster gebrochen und mit „Trallien“ vergittert, doch 1775 heißt es in einem Schriftstück, dass die Kirche „wegen altmodischer Fenster“ immer noch dunkel sei. In Jahre 1809 wird die Kirche wiederum erweitert. Durch Anfügung immer neuer Teilchen war sie sicherlich kein schöner, wenn auch ein geschichtlich interessanter Bau.

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2. Erste Pläne für einen Neubau

In jedem Falle war sie für den rasch wachsenden Ort zu klein. Im Jahre 1844 ist zum ersten Male von einem Neubau die Rede, da die alte Kirche nur 600 Menschen fasse. Im Jahr darauf beschließt der Schöffenrat unter Bürgermeister Kirch, den jährlichen Ertrag der gemeindeeigenen Schafweide in einen Kirchenbaufonds umzuwandeln und am 19. Mai 1846 wird dem königlichen Bau-Inspektor Lassaulx aus Koblenz der Auftrag erteilt, Plan und Kostenanschlag zu entwerfen für den Bau, der 30000 Taler nicht übersteige. Zwar sind im kommenden Jahr die Pläne Gegenstand von Beratungen, doch stehen eine Reihe von Gründen der Sache im Wege – Lassaulx selbst ist in diesem Jahr verstorben – und am 28. März 1848 beschließt der Gemeinderat, das Schafweide-Pachtgeld samt den Zinsen an die Bürger zurückzuzahlen.

3. Neue Pläne zur Geldbeschaffung

Wenn auch für die nächsten fünf Jahre keine Unterlagen vorhanden sind, so hat Bürgermeister Hecking sicherlich nicht geruht. Am 5. Mai 1853 wird in der Gemeinderatssitzung beschlossen, „einen Kirchhof resp. eine neue Kirche zu beschaffen oder die alte zu erweitern“. Zur Ansammlung eines Baufonds will man 1000 Taler als Steuer erheben lassen. Die Idee, die die Verwirklichung einen riesigen Schritt weiterbrachte, erschien zum ersten Mal in einer Eingabe an den Landrat vom 14. August 1856. Es war ein Geldbeschaffungsplan. In dieser Anfrage wird um die Genehmigung gebeten, 200 Morgen Wald abzuholzen und so die 30000 Taler zu erhalten. Bürgermeister Hubbaleck verfolgt die Pläne weiter und bekommt die Erlaubnis. Viele alte Walddistrikte fallen dem Beil zum Opfer, um zu Feldparzellen aufgeteilt zu werden. Neuen Fachurteilen zur Folge muss man wegen fortgeschrittener  Teuerung jetzt 12000 Taler mehr aufwenden für den Bau. Am 5. Dezember 1856 beschließt der Kirchenrat 7000 Taler beizusteuern unter der Maßgabe, dass der Neubau auf den Platz der alten Kirche kommt. Der Rest soll aus der Pacht des neugewonnenen Ackerlandes erbracht werden, so dass der Bau jetzt finanziell gesichert erscheint.

4. Die Platzfrage

Aber eine neue Frage tritt auf, die den Bau nochmals um lange Jahre verzögern soll. Am 5. Dezember 1857 liegt dem Kirchenrat zum ersten Mal der Plan für den Neubau vor, der bischöflicherseits bereits gebilligt ist. Es war ein Doppelplan (mit und ohne Turm), der von dem damals bekannten Dombaumeister Statz aus Köln stammte. Nach seinen eigenen Worten lag dem Architekten daran, „die neue Kirche mit der alten in schönste Verbindung zu bringen“, und er schreibt weiter: „Auch liegt Erhabenes und Schönes darin, dass die Gemeinde ihr Kirchlein behält, worin ihre Voreltern Jahrhunderte hindurch gebetet haben“. Gegen diesen Plan war bekanntlich jedoch der Kirchenrat, da der Bau in diesem Falle in seiner Längsausdehnung nicht zum Ort hin zu stehen käme, sondern „ins Feld herein“. Er beschließt in den Monaten November und Dezember, dem Plan Statz (mit Turm) zuzustimmen, da bei gleichzeitigen Turmbau 4000 Taler eingespart werden. Als Bauplatz wird der „sogenannte Pastors Bungert neben dem Mülheimer Pfad“ vorgeschlagen. Des weiteren hießt es, die alte Kirche müsse abgebrochen werden, um Friedhofsplatz zu gewinnen; die Gemeinde Bubenheim habe sich als Filialpfarrei mit 3000 Taler zu beteiligen und der Bau solle bald beginnen, da in den kommenden Jahren wegen bedeutender Eisenbahnbauten erneute Baupreisverteuerungen zu erwarten seien.

Die Schwierigkeiten beginnen jedoch erst jetzt; Koblenzer Baubehörden besichtigen Mitte Januar 1858 die alte Kirche und erklären sie als „im ganzen für wertlos“. Dagegen werden jedoch andere Kräfte mobilisiert, sicherlich setzt hier schon in der Bevölkerung Parteibildung ein. Am 1. Mai 1858 erscheint ein neuer Plan, die Kirche in den Garten des von Eltz´schen Anwesens zu bauen, was neben anderem große finanzielle Vorteile brachte. Baron von Eltz weist jedoch solche Ansinnen energisch ab, wiederholte und dringliche Bitten z. T. recht grob. Vom 13. Mai 1858 datiert ein Einspruch des zuständigen Berliner Ministers und des Konservators der Baudenkmäler gegen den Abbruch und am 4. September des gleichen Jahres erscheint eine Berliner Kommission höchstpersönlich zur Besichtigung. Man schlägt vor, nur den Turm abzureisen und die neue Kirche anzubauen.

Die beiden kommenden Jahre sind ausgefüllt mit neuen Planungen, neuen Platzanerbieten, neuen Streitigkeiten mit dem Baron von Eltz, Zerwürfnissen mit dem Kölner Baumeister und da sich andere Möglichkeiten keine ergeben, will man den Garten Conrad kaufen, um Bauplatz zu gewinnen. Aber neue Schwierigkeiten tun sich auf.  Am 30. Mai 1860 beschwert sich die ganze Rübenacher Bevölkerung mit persönlicher Unterschrift bei der Behörde gegen diesen Platz, da eine große Zahl von (z. T. erst vor wenigen Jahren beigesetzt) Gräbern ausgehoben werden müssten. Inzwischen sind 30000 Taler ohne Umlage und Schulden vorhanden, aber über den Bauplatz herrscht keine Einigung. Am 23. April 1861 geht anlässlich einer Gratulation zur Eheschließung erneut eine ganz devot und unterwürfig abgefasste Petition an den Grafen von Eltz, die von allen Familien des Stammsitzes Rübenach unterschrieben ist.

Bürgermeister Hubbalek hat es schwer, nirgends herrscht Einigkeit. Aber der Landrat, Freiherr von Frentz, verlangt, dass endlich nun die Pläne verwirklicht werden. In den Sommermonaten Mai bis August 1861 werden die Kaufvertäge mit Dominikus Conrad abgeschlossen, von der Witwe Saal und der Familie Mohrs Grund angekauft, so dass nun ausreichend Platz vorhanden ist.

5. Bauvorbereitungen

Am Dienstag, den 5. November 1861, wird der Termin zur Verdingung der Bauarbeiten festgesetzt. Zahlreiche Anträge liegen vor. Die Maurerarbeiten werden der Koblenzer Firma Franz Burg übertragen, die Steinmetzarbeiten in Basaltlava und Riedener Haustein einem Mayener Meister. Die Ungeduld des Landrates kennt keine Grenzen mehr; er mahnt, endlich anzufangen; aber innerhalb der Bürgerschaft sind neue Streitigkeiten ausgebrochen wegen des Bauplatzes, der Stellung des Neubaues zur alten Kirche, der Lage überhaupt, schließlich wegen der Bauaufsicht, die nach langem hin und her(für ein Fixum von 600 Taler) dem Koblenzer Stadtbaumeister Nebel übertragen wird. Das Datum des 24. Februar 1862 kann der Bürgermeister endlich als Termin für das Abstechen der Baustelle melden. Ein Monat später sind die Fundamente für Pfeiler und das Chor ausgehoben und die Aufmauerung beginnt. Am 14. April wird (gegen die Stimmen von Bubenheim) der Beschluss gefasst, die Kirche um ein Gewölbefeld zu erweitern, was einen Kostenaufwand von 2900 Talern erforderlich macht. Am 14. Juli sind die Maurerarbeiten zum Turmfundament vollendet, die Bodenauffüllungen in der Kirche beendigt, das übrige Mauerwerk bis zur Sockelhöhe ausgeführt.

6. Die feierliche  Grundsteinlegung

Vom 17. bis 19. Juli 1862 weilte der Trierer Bischof Dr. Wilhelm Arnoldi zur Spendung der Firmung in Rübenach. Das ankündigende Schreiben aus Trier vom April des letzten Jahres, wie auch ein anderes, früheres Schriftstück von des Bischofs eigener Hand, findet sich als Faksimile in der Pfarrfestschrift von 1966.

grundstein

Am 19. Juli 1862 segnete der Bischof feierlich den Grundstein ein. Bei dem Festakt schossen Böller ihre Salven. Im Nachhinein entstand allerdings wieder Streit. Pfarrer Caspers hatte in der eingemauerten Urkunde ganz einseitig nur die geistlichen Herren namentlich genannt, die sich für den Kirchenbau eingesetzt und die entsagungsvollen Bemühungen der staatlichen Stellen und der Gemeinde selbst unerwähnt gelassen.

7. Der Bau

Das Fortschreiten des Kirchenbaues lässt sich durch die turnusmäßigen Meldungen an die Regierung im Laufe der beiden nächsten Jahre genau verfolgen. Die Arbeiten schreiten planmäßig voran. Am 7. Oktober erfolgt die Anmeldung bei der Feuerversicherung. Bildhauerarbeiten und Chorfenster werden vergeben. Kleinere Streitigkeiten: Im Kostenvoranschlag sind die Dachrinnen vergessen; geliefertes Dachholz wird von der Bauaufsicht beanstandet und muss ersetzt werden; eine Sakristei wir nachträglich projektiert. Der Großstreit, der hart bis an die gerichtliche Klage führt: Der Pfarrer will 7000 Taler der Kirchenkasse nur für den Innenausbau der Kirche angewandt wissen, während die Zivilgemeinde sie als Fonds für Rohbau gehörig ansieht. Der Bürgermeister stimmt schließlich einem Vergleich zu. Mit dem strittigen Geld kann die Anschaffung kirchlicher Utensilien getätigt werden, so dass neben den Übernahmen aus dem alten Gotteshaus jetzt auch die Inneneinrichtung gesichert ist. Im Herbst 1864 wird der Beschluss gefasst, den Turmhelm erst im nächsten Jahr auszuführen. Die Rechnung über den Blitzableiter und das vergoldete Turmkreuz zeigen, dass bis Juli 1865, wo die Tünchung beginnt, die Arbeiten dem Ende zugehen. Am 8. August 1865 erfolgt die Übergabe der Schlüssel zu den drei Eingangstüren durch den Baumeister an den Bürgermeister. Das Werk ist vollendet. Kurz vor der Übernahme der Kirche stirbt der streitbare Pfarrer Casper am 14. März 1866 im Alter von 69 Jahren. Der Termin der Überreichung des Gotteshauses an die Kirchlichen Behörden ist der 31. März 1866. Namens der Zivilgemeinde als Erbauer übergibt Bürgermeister Hubbalek die Kirche dem Pfarrverwalter von Rübenach, Herrn Pastor de Lorenzi aus Koblenz. Dechant Crementz nimmt die Benedication vor.

8. Das Schicksal der alten Kirche

Über die geteilte Meinung innerhalb der Bevölkerung wurde schon mehrfach berichtet. Auch die Fachleute waren sich nicht einig. Leider kam der ursprüngliche Plan des Architekten, die alte Kirche fest mit der neuen zu verbinden, nicht zur Verwirklichung, sondern die neue wurde wenige Meter hinter die alte gebaut, die nun dies schöne Bauwerk völlig verdeckte. Vom 17. November 1863 datiert ein gewichtiges Schreiben aus Berlin,  das den Abriss der alten Kirche endgültig verbot. Eingaben wurden gemacht. Ein Gutachten vom 23. Oktober 1865 nennt die Mängel der alten Kirche erheblich und gibt eine hohe Summe für deren Renovierung an. So kam es zu dem Kirchenstreit, der in einem besonderten Artikel beschrieben wird, schließlich in seinem Fortgang durch eine Verfügung des Landrats Freiherr von Frentz zu der Besetzung des Ortes durch 250 Soldaten, „da dieser Komplott sich durch die ganze Gemeinde verzweigt und endlich heute Morgen beim Kirchenausgang die Gemeindebewohner gezeigt haben, dass der Geist der Unordnung und des Ungehorsams noch nicht entschwunden Ist.“ (Schreiben vom 4. November 1866.) Nach dem Wirrwarr wurde recht bald (am 18. Januar 1867) der Abbruch genehmigt.

ruebenach_1863

Dorfansicht, wie sie sich für nur wenige Jahre dem Betrachter darbot. Beide Kirchen sind zu sehen. Ein Zeichnung von J. Dötsch, 1863. Der große Westturm der neuen Kirche war zu dieser Zeit noch nicht fertig.

9. Die feierliche Konsekration

Vom 24. August 1868 datiert ein Brief des neuen Pfarrers Schnorfeil, dass am 24. September anlässlich der Firmung Bischof Dr. M. Eberhard die feierliche Einsegnung vornehme. Es war ein großes Fest für den Ort. Am 23. September kam der hochwürdigste Herr an, wurde am Ortseingang vom Pfarrer begrüßt und in einer feierlichen Prozession zur Kirche geleitet. Dreißig weiß gekleidete Mädchen, 22 Priester, ungezählte Fahnen schritten dem Zug voran. Prachtvoll waren die Häuser geschmückt. Nicht ohne Rührung wurde festgestellt, dass auch die Armen alles aufgeboten hatten, was selbst dem Bischof auffiel und ihm den Ausspruch abnötigte: „So bin ich noch nie empfangen worden!“

Glockengeläute und Kanonenschüsse unterstrichen den feierlichen Augenblick, als der Bischof die neue herrlich dekorierte Kirche betrat und der versammelten Menge den Segen erteilte. Abends bewegte sich ein großer Fackelzug durch den Ort; die Gesangsvereine und die 68er-Regimentsmusik brachten am Pfarrhaus ein Ständchen.

Am 24. September begann um 8 Uhr mit der Messe die eigentliche Konsekrationsfeier, der auch Weihbischof Dr. Kraft und Oberpräsident von Pommer-Esse beiwohnte. Abends wurde an der Kirche ein Feuerwerk abgebrannt, das ganz Rübenach beleuchtete, „so dass der hochwürdigste Herr sich bewegen ließ, in Begleitung mehrerer Herren durch die Straßen zu gehen, wo an verschiedenen Häusern bengalisches Feuer und Feuerregen die Straßen verherrlichte.“

10. Das spätere Schicksal der Kirche

Für den Pastor Schnorfeil blieb in den Folgejahren (1869) nur , die Trockenlegung der Sakristei vorzunehmen, die unsachgemäß und ohne Plan gebaut worden war sowie den Friedhof neu zu gestalten. Bei dieser Gelegenheit wurden die vorhandenen etwa 80 alten Grabsteine, die teilweise noch aus der Zeit von vor dem Dreißigjährigen Krieg stammen (1571) in die Umfassung mit eingemauert.

Die Rübenacher Mauritiuskirche  trat dann erst wieder im letzten Krieg in den Blickpunkt der Bewohner. Im Jahre 1942 wurde sie bombardiert; eine Luftmine traf genau das Chor; auch die übrigen Gebäudeteile erlitten schwerste Schäden. Für ein Jahrzehnt fast wurde nun ein Tanzsaal zum Gotteshaus, sehr zur Freude vieler älterer Personen mit körperlichen Gebrechen, die wegen des anstrengenden Höhenweges nicht mehr in die Kirche gehen konnten.

Bei den Planungen zum Aufbau kamen innerhalb der Gemeinde ganz alte Streitpunkte wieder zum Vorschein. Viele wollten eine neue Kirche in der Ortsmitte oder doch in günstigerer Lage. Dennoch entschied man sich aus finanziellen Bedenken für die Renovierung. Das stark zerstörte Chor wurde  aus moderner Sicht  erneuert und die bauliche Lösung erscheint dem Betrachter heute harmonisch und schön.

Seit der Fertigstellung 1866 ragt der hohe Turm von St. Mauritius nun in den Himmel, bis zum Helmknauf aus Lavastein, ein Bau für ferne Zeiten. Die Bewohner von Rübenach sind stolz auf dieses Werk – 43000 Taler verschlang allein der Rohbau – vor allem, weil es zustande kam ohne jede fremde Hilfe und ohne einen Pfennig Schulden. Freilich, der größte Teil des Gemeindewaldes der früher fast bis an den Ort reichte, wurde dafür geopfert. Und Trost ist wohl heute wie ehedem: Es war ein Opfer zur Ehre des Allerhöchsten!

Siehe auch Artikel Die katholische Pfarrkirche oder  Die alte Kirche von Udo Liessem

Fotos von der Kirche hier

Weitere Information findet man im Jubiläumsheft „100 Jahre Pfarrkirche St. Mauritius“.
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