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Rübenacher Kartoffeln

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von Hans Gappenach

Rübenach wurde seiner schönen Lage wegen schon immer mancherorts beneidet. Einmal hatte es die Nähe von Koblenz, war aber anderseits doch so weit entfernt, dass es ein Eigenleben führen konnte. Jetzt wo es „Villenvorort“ für die Stadt geworden ist, dürfte es nicht anders sein. Schon 1555 werden in den Ratsprotokollen die Rübenacher als H a l b b ü g e r von Koblenz bezeichnet („sie reisen mit denen von Koblenz zu Felde“), die bei gefährlichen Zeiten Schutz hinter der Stadtmauer fanden, dafür aber allemal Mauerwachen zu stellen hatten. Eines gilt heute wie damals:
Rübenach lieferte für die Koblenzer den Großteil der „Futterage“, vorzugsweise die Kartoffeln. Die Qualität der Rübenacher Kartoffel wurde (und wird) landauf landab höchstes Lob gezollt. 1880 wurden 450 Waggons ins Ruhrgebiet geliefert; 3000 Tonnen gingen jährlich mit dem Fuhrwerk nach Koblenz. Auf 160 000 Zentner schätze man die 1917 geerntete Menge.

Für die Rübenacher Landleute – auch des Schreibers Vorfahren gehörten dazu – war es früher ein besonderer Tag, wenn der „Schaarwaon“ (= Ausfahrwagen) gerichtet, die bessere „Schmeck“ oder „Kletsch“ (= Peitsche) hervorgeholt, die Kartoffelfracht ausgeladen wurde, um sie bei der „feinen Koblenzer Kundschaft“ abzuliefern. Das war ein Feiertag; man machte seine galante Verbeugung vor der Dame des Hauses, es gab im Salon ein Schnäpschen und blanke Taler bar auf die Hand. Allenfalls das große Taschentuch – so wie es im „Fiedelen Bauer“ vorkommt – hat dann noch den Rübenacher Landmann verraten. Sonst war er damals schon ganz „Städter“.
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Mühlen

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Schultheißenmule 1372
rothe Mulen 1622; rothe Mühle 1721. 1789
in der Schleiffenmuhlen 1622, 1721
Helfensteiner Mühl 1700
Marxen Mühle 1721
Die oberste Mühle 1721

Nach der Karte der metternich´schen Besitzungen (aus 1789) gab es 7 Mühlen in Rübenach, die wie folgt hießen (vom Bachoberlauf aus):

oberste Mül
ioes Müller
Graf Elzer Mül
Rothe Mül
Maximiner Mül
Von Elzer Mül
Mergenstatter Mül (LHAKobl. Abt. 702 Nr. 743)

Siehe auch Die Geschichte der Rübenacher Mühlen
Quelle Website BI „Lebenswertes Rübenach“
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Kaisers Geburtstag

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von Hans Gappenach

Schulfeiern sind heute verpönt; in der „guten alten Zeit“ jedoch wusste man Feiertags noch gebührlich zu begehen. Archivdirektor Dr. F.-J. Heyen berichtete in einem sehr gedankentiefen Aufsatz (Landkreiskalender 1961) nach einem Aktenband im Staatsarchiv von den Kaiserfeiern am 15. Oktober 1857 in der Rübenacher Schule:
Gottesdienst und Festesschmuck allüberall in der Rübenacher Mädchenschule sang man: „Schweb herab auf Rosenflügeln“, in der Knabenschule: „Geschütze donnern früh und spät“. Eine Ansprache belehrte die Kinder über die „Pflichten des Unterthanen gegen König und Obrigkeit“, Bürgermeister Hubbaleck und Pfarrer Casper wohnten den Feiern teilweise bei. Nachmittags „erhielt jedes Kind für 8 Pfennig ein Milchbrötchen“; darauf gab es Spaziergang, Spiel und Gesang. Eine Kaisereiche wurde damals nicht gepflanzt, das geschah aber vielerorts. Der Tag endete mit einem „Hoch!“ zu Ehren seiner Majestät.

Spotten kann man heute über solche Zeiten leicht! Diese Kinder hatten noch Leitziele und Ideale, – wenn auch wahrscheinlich nicht immer die besten. Was aus einer Jugend wird, die ohne derlei heranwächst – es sei denn, man wolle den Götzen Mammon und alles, was er mit sich führt, für solche anerkennen –, das bleibt erst noch anzuwarten.
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Die Eisenzeit

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von Lutz Fiedler

Von der späten Bronzezeit zur frühen Eisenzeit kein weiter zeitlicher Sprung, doch findet sich selten eine Siedlungs- oder Gräber-Kontinuität auf den Fundstellen. Wahrscheinlich war dieser zeitabschnitt durch soziale und politische Unruhen gekennzeichnet. Bevölkerungsreiche und siedlungsgünstige Räume, wie das Dreieck Koblenz – Mayen – Andernach, sind von solchen Veränderungen natürlich  spürbar betroffen.

Mit dem Aufkommen einer bodenständigen Eisenverhüttung, die eine ganz andere Organisation verlangte als der Bronzeimport und dessen Weiterverarbeitung, gab es Machtverschiebungen und eine Veränderung innerhalb der Führungsspitze. Ihr Höhepunkt dokumentiert sich dann in den reich ausgestatteten und imposanten Fürstengräbern noch heute deutlich. (Eisenerze kommen hier entlang des Moseltales und im Hunsrück vor und können ohne Schwierigkeiten in offenen Gruben abgebaut werden. Bis ins 19. Jahrhundert gab es im nahen Hunsrück übrigens Bergwerke, die Eisenerze abbauten. Heute (Stand 1975) hat sich das Zentrum zum Saarland hin verschoben).

Aus der frühen Eisenzeit gibt es mehrere Fundstellen in der Rübenacher Gemarkung: am „Metternicher Pfad“, auf der Rübenacher Höhe“ an der Grenze nach Mülheim, südlich des Sentenicher Weges („Mäus Pfütz“) und nördlich davon („Eberts Born“). Eiserne Geräte aus dieser Zeit sind selten und fanden sich in Rübenach nicht.

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Rübenach Fundplatz Eberts Born / Mäus Pfütz – Keramik der älteren Eisenzeit

Die Keramik zeigt noch Ausklänge an die späte Urnenfelder-Bronzezeit,  doch die Formen sind weniger straff, die Profile weichen und die Verzierungen sind reicher. Herauspolierte Glättstreifen, Abrollungen von gedrehten Bronzeringen und Fischgrätenmuster zieren Becher, Schalen und Töpfe.

Mit der jüngeren Eisenzeit (vorrömische Eisenzeit) haben wir endlich eine Epoche erreicht, aus der aus antiken Quellen bekannt ist, wie die Menschen hießen, die hier am Mittelrhein wohnten: die Gallier oder Kelten. Ihrer stark differenzierten Gesellschaft standen eine Priesterkaste (Druiden) und mächtige Fürsten vor.

Durch den Eisenabbau, Salz- und Bernsteinhandel reich geworden, sind Handelskontakte dieser Fürsten mit Grichenland, Italien und dem germanischen Norden bekannt. Dieser Reichtum wirkte sich bis auf die einfache Bauernbevölkerung aus.

Die Keramik dieser Zeit wurde meistens schon auf Drehscheiben hergestellt. Es gab bestimmte Werkstätten, die für ganze Siedlungskammern arbeiteten.

Einen besonders schönen Fund fand man (R. Schummer) 1973 am Sentenicher Weg, zwischen “ Mäus Pfütz“ und „Holzäcker“. Es ist , wahrscheinlich aus einem Grab, eine der größten bekannten Schalen dieser Zeit aus dem Rheinland. Die Oberfläche des Gefäßes ist schwarz glänzend poliert und mit Wellenlinien, Spiralwirbeln und Kreisstempeln verziert.

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Rübenach Fundplatz Eberts Born – Schale der jüngeren Eisenzeit aus schwarz poliertem Ton. Oben ist das teilweise plastisch herausgearbeitete Muster von der Innenseite des Gefäßes zu sehen, wie es heute erhalten ist 

Zu diesem Stück fand sich eine weitere Schale aus dunklem, teilweise poliertem Ton mit einem Durchmesser von einem halben Meter. Sie konnte aus den Scherben wieder ganz zusammengesetzt werden. Das Gefäß hat eine Standfläche von nur 12 cm Durchmesser, seine Höhe ist 24 cm. Daneben wurden zahlreiche Bruchstücke von anderen Gefäßen gefunden und eventuell der Rest eines eisernem Messers.

Das Siedlungsgelände am Sentenicher Weg ist mit Scherben aus der Eisenzeit ziemlich genau zu markieren. Es ist südlich der Chaussee nach Mayen, vom letzten Haus der Ortschaft bis fast an den Eisenbahnbogen vor dem Autobahnkreuz hin.
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Die ältesten Rübenacher Familien

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von Hans Gappenach

Im eigentlichen Sinne besteht Ortsgeschichte aus den Geschichten der dort ansässigen Familien; beide bedingen einander.

Rübenach war in früheren Zeiten ein kleines Dorf, Jahrhunderte lang etwa um die 50 Familien groß. Die früheste Aufstellung, die zahlenmäßig verwendbar ist, stammt aus dem Jahre 1656 – also wenige Jahre nach dem Dreißigjährigen Krieg – und nennt 400 Einwohner. Auch die etwas später angelegte Liste für die Aufbringung der sogenannten „Türkensteuer“ lässt Namen und Besitz erkennen. Mit 87 Feuerstellen steht der Ort im „Feuerbuch von Koblenz und Umgebung“ aus dem Jahre 1684 (zur gleichen Zeit hatte Koblenz 586, Metternich 36, Mülheim 69, Lützel 50).
Ein wichtiges Dokument ist das kurtrierische Zins- und Lagerbuch von 1719. Die Namen der am häufigsten vorkommenden Familien sind darin: Alsbach (6 mal), Anhauer (7 mal), Bäcker (4 mal), Dötsch (3 mal), Gabbenach (4 mal), Hahn (2 mal), Kohl (4 mal), Mohrs (3 mal), Moskop (5 mal), Reif (2 mal), Weller (4 mal), Zils (2 mal), Zirwas (7 mal), ferner weitere Familiennamen mit geringer Häufigkeit.
Auch rund 100 Jahre später war das Dorf nicht nennenswert gewachsen; nach einer Visitationsurkunde aus dem Jahre 1785 zählte man 585 Seelen (ohne Kinder).
Das ganze Urkundenmaterial stellt noch lohnende Forscheraufgaben. Besonders interessant wäre es, das Ergebnis zu vergleichen mit den etwa 80 noch erhaltenen Grabsteinen, von denen der älteste aus dem Jahre 1571 (noch vor dem Dreißigjährigen Krieg) stammt und die auch länger erhalten dürften, seit sie in weiser Voraussicht in die Friedhofsumrandung eingemauert worden sind. Dabei sollten auch die alten Feldkreuze in der Gemarkung nicht vergessen werden, über die vor 50 Jahren bereits L. Fey einen bestandserhebenden Aufsatz geschrieben hat.
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Die Bronzezeit

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von Lutz Fiedler

Kupferne Gegenstände (wie Ringe, Nadeln, Pfrieme, Dolche) gibt es gelegentlich schon in der Jungsteinzeit. Langsam entwickelte sich die Kenntnis von Bronzeguss und als diese Technik sich durchsetzte, wurden Steingeräte immer seltener benutzt.

In unserem Raum ist der Übergang von der Steinzeit zur Bronzezeit bruchlos vonstatten gegangen. Siedlungsfunde dieser Epoche sind aus der Rübenacher Gemarkung bisher nicht bekannt geworden, sind aber z. B. in der Nahen Flur von Ochtendung entdeckt worden.

Während in der älteren Bronzezeit hauptsächlich Körperbe-stattungen, häufig unter großen Grabhügeln ausgeführt wurden, verbrannte man die Toten in der jüngeren Bronzezeit und setzte sie in Urnen bei. Diese Periode wird deshalb auch die „Urnenfeldzeit“ genannt. Hinterlassenschaften der Urnenfelderkultur fanden sich an mehreren Stellen in Rübenach, so am östlichen Ortsausgang („Im Bubenheimer Bach“), nördlich der Autobahn am Wolkener Weg und vor allem hinter dem Bahndamm beim Autobahnkreuz Koblenz, nahe der Gemarkungsgrenze zu Bassennheim („Bassenheimer Fuhr“).

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Rübenacher Fundplatz Bassenheimer Fuhr – Keramik und bronzene „Bobenkopfnadel“ aus einer zerstörten Brandbestattung der jüngeren Bronzezeit

Dort fanden sich Siedlungs- und Bestattungsspuren. Beim Bimsabbau wurde ein ganzes Ensemble von Gefäßen, meistens arg zerbrochen, mit dem „faulen“ Bims auf den Abraum geworfen. Neben grober Gebrauchskeramik fanden sich äußerst feine Ware mit sorgfältig ausgeführtem und weiß eingelegtem Kerbschnittmuster. Wahrscheinlich sind diese Gefäße schon auf eine Art Drehscheibe hergestellt worden. Sie sind jedenfalls Zeugnisse dafür, dass hier spezialisierte Handwerker am Werke waren.

Die Metallverarbeitung und der damit verbundene Handel hatte eine Differenzierung der Gesellschaft zur Folge, in der sich bestimmte Stände herausbildeten und eine politische Neuorganisation stattfand. Der „Golo-Ring“ ein Kreisförmiges Heiligtum von beinahe 200 m Durchmesser im Koberner Wald (direkt neben der Straße nach Polch) mag der sichtbare Ausdruck für den kulturellen und religiösen Wandel dieser Zeit sein.

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Rekonstruktion des „Golo-Ring“ im Koberner Wald
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– Siehe auch Funde aus dem Jahre 2012

Eins für Oma, … und eins für den …

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von Hans Gappenach

Das der alte Glöckner Welter kindliches Gemütes war oder ein tiefgründiger Kauz (wahrscheinlich aber beides gleichermaßen), das bezeugt auch die folgende Geschichte:
Wenn er sein schweres Amt ausüben musste und dabei schlecht gelaunt, dann bediente er sich – möglicherweise um sich selber zu überwinden – jenes „Tricks“, dem die Mütter ihren Säuglingen den Griesbrei einlöffeln und das hörte sich an wie folgt:
Mit einem hohen Satz sprang er ins Seil, um den ersten Zug zu machen, dabei murmelnd: „Eins für den Pastor Schnorfeil“ … und wieder, – noch mächtiger, um der Glocke größeren Schwung zu verleihen: „Und eins für den alten Berger“ … und nahm alle Kraft zusammen, um seinen Körper nach unten zu zerren, biss dabei  die Zähne aufeinander und quälend kam es aus ihm heraus: „Und eins für den Organisten Plaas“ … und dann hob das Gewicht der Glocke den spindeldürren Mann am dreidaumendicken Tau hoch in die Lüfte und zappelnd mit ganzer Kraft gewann er schließlich wieder Boden, die Glocke zum vollen Klang bringend und im Herabkommen schon mit schweißnasser Stirn stieß er hervor: „Und noch eins für den Lehrer Eltgen“ …

Dieser Art kühlte er sein Mütchen und so kamen aus seinem kleinen Bereich alle an die Reihe, mit denen er so seinen täglichen „Kniest“ hatte.
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Das Pfarrhaus (1839)

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von Udo Liessem

Ein Pfarrhaus wurde für Rübenach 1656 erstmalig erwähnt. Der Neubau von  1680 war 1832 renovierungsbedürftig und deshalb sollten 1835 Reparaturen „unter Zuziehen des K(öniglichen) Bau Inspectors v. Lassaulx von einem tüchtigen und zuverlässigen Handwerker“ vorgenommen werden. Da dieses Vorhaben unterblieb, wohl weil es zu unrentabel gewesen wäre, wurde am 28. Januar 1839 beschlossen, das Pfarrhaus auf Abbruch zu verkaufen, was füglich bedeutet, dass ein neues errichtet werden musste.

Als Architekt gewann man in Johann Claudius Lassaulx einen der renommiertesten Baumeister seiner Zeit, der außerdem zu den am meisten beschäftigsten Baukünstler gehörte. Sein Oeuvrekatalog liegt, was seine Profanbauten betrifft, noch nicht vor. Mit dem Werke von Schwieger ist erst ein Anfang gemacht.

In der kunsthistorischen Literatur war immer schon angenommen worden, dass das Rübenacher Pfarrhaus durch den Koblenzer v. Lassaulx (1781 – 1848), 1812 Kreisbaumeister, 1826 „Stadt- und Bezirksbau-Inspector“ (Königlicher Bauinspektor) und gleichzeitig Koblenzer Stadtbaumeister, erbaut worden sei. Dabei stützt man such auf die Baugestalt und die Schmuckformen des Hauses, die typisch den Stil von Lassaulx wiedergeben. Indes gibt es unmittelbare urkundliche Hinweise für die Autorenschaft des Koblenzer Bauinspektors an diesem Pfarrhaus. Das geht u. a. aus einem Schreiben des Königlichen Landrates des Kreises Koblenz,  Graf von Boos-Waldeck und Montfort, hervor, das vom 2.Februar 1839 datiert ist. Die Arbeiten für das Pfarrhaus in Rübenach (und Kettig; v. Lassaulx entwarf für beide die Pläne gleichzeitig) wurden am 17. Februar 1839 von Rübenach aus vergeben. Ausführender Baumeister ist  Jacob Noertersheuser, Maurermeister aus Dieblich, gewesen, dessen Kostenforderung vom 21. November 1839 durch v. Lassaulx am 26. März 1840 gegengezeichnet worden war. Der Architekt seinerseits reichte die Liquidation unter dem 31. März 1840 ein. Bei einer totalen Bausumme von 2586 Taler 24 Sg 10 Pfg belief sich sein Anteil auf lediglich 21 (!) Taler 21 Sg 8 Pfg.

pfarrhaus6aWenn v. Lassaulx nicht schon vor dem 28. Januar 1839 mit der Planung des Pfarrhauses beauftragt worden war, was unwahrscheinlich gewesen ist, dann erfolgte der Entwurf für dieses Gebäude innerhalb von nur zwei Wochen (zwischen dem 28. Januar und dem 2. Februar 1839) und der Rohbau war bereits Ende des Jahres fertig. Gleichzeitig aber musste er den Fortgang der Arbeiten an den von ihm entworfenen Kirchen in Güls, Vallendar und Boos/Eifel überwachen. Ebenfalls noch im selben Jahr erfolgte die Inangriffnahme des Turmes der Krufter Pfarrkirche. Und auch das Haus in Koblenz, Schloßstraße 9, liegt zwischen 1839 und 1841. Ob damit alle Planungen bzw. Bauausführungen des Jahres 1839 erfasst sind, ist zweifelhaft, da ja eine Liste aller durch v. Lassaulx geplanten profanen Bauten fehlen.

Die Pfarrhäuser in Rübenach und Kettig erschienen v. Lassaulx so gelungen, dass er sie als Vorbilder für das von ihm geplante Pfarrhaus in Ehrenbreitstein nehmen wollte (Brief vom 11. Oktober 1842), was teilweise auch tatsächlich geschehen ist.

Dadurch, dass in Rübenach das Pfarrhaus um ein Stockwerk erhöht wurde (1904/05) und es keine älteren Ansichten gibt, musste der Urzustand durch Rekonstruktion gewonnen werden. Der Brand des Dorfes 1841 und der damit verbundene Wiederaufbau konnte für diese Sache ausgewertet werden, da , wie an anderer Stelle dargelegt, an vielen Gebäuden des Dorfes die Bauweise v. Lassaulx nachgeahmt wurde und dadurch eine Fülle von Details überliefert ist.

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Vorderansicht – ursprüngliche Bausubstanz

Das Pfarrhaus in Rübenach ist ein zweistöckiger, vierachsiger Bau mit Ecklisenen, die das Anwesen auf allen vier Seiten rahmen, verkröpft. Die Obergeschossfenster der Traufseiten stehen auf einem zwischen die Lisenen eingespannten Kaffgesims. Etwas anders sind die Parterrefenster gestaltet, da sie über eigene (gekehlte) Sohlbänke verfügen. Unterhalb des Kranzgesimses liegt  eine aus vier Segmentbogen bestehende Blendbogenreihe (Die Scheitelpunkte der Bögen befinden sich auf einer Vertikalen mit den Fensterachsen). Die Bögen erheben sich über profilierten Konsolen. Das reichliche Kranzgesims – heute nicht mehr erhalten, aber durch mehrfache, vereinfachte Nachahmung im Dorf wahrscheinlich gemach – hat in seiner Ausführung dem der durch Lassaulx erbauten Pfarrkirche in Vallendar (1837 – 1841) entsprochen.

Nicht wie üblich die Trauf-, sondern die Giebelseite ist von v. Lassaulx als Schaufront ausgebildet worden. Obwohl der Architekt bei seinen Bauten sehr oft die Giebelseiten stark hervorgehoben hatte (vergl. Besonders die Mädchenschule von St. Castor/Koblenz, später Rheinmuseum), so hat er sie doch nie, außer eben in Rübenach, zur Hauptseite werden lassen; konsequenterweise wurde deshalb auch der Eingang hierhin verlegt.

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Seitenansicht – ursprüngliche Bausubstanz 

Die folgende Beschreibung beschränkt sich auf die dem Blick frei zugängliche Westseite (da die östliche Seite türlos ist, konnte v. Lassaulx auf die durch die Tür bedingte Vertikale verzichten und entwarf auch für den mittleren Blendbogen des Giebelfeldes eine Rosette, woraus sich natürlich auch ein Rundfenster ergeben musste).

Steht man vor dem Pfarrhaus, so fällt nicht auf, selbst wenn man um das Gebäude geht, dass die Giebelseiten breiter als die Traufseiten sind. Erst das nebeneinander auf der Zeichnung verdeutlicht das (11,10 m mal 11,92 m). Der Westseite liegt eine Konzeption zugrunde, die auf einer Achsensymetrie beruht. Nur die Notwendigkeit zur Anlegung einer Kellertür und eines Entlüftungsfensterchens für die (ehemalige) Küche zwang dazu, in diesen Punkten von der Symetrie abzuweichen. Während Haupteingang und Kellertür die gleichen Rahmung zeigen wie die Fenster, sieht man von dem durch die Konstruktion bedingtem Rundbogenfenster im Giebelfeld ab, nämlich Basaltlavagewände mit leicht ansteigendem Sturz, ist das Küchenfensterchen lediglich eine einfache „Öffnung“ in der Wand. Bei der Rekonstruktion der Fensterrahmen und der Türblätter wurde auf die am häufigsten vorkommenden Formen bei den Bauten von v. Lassaulx zurückgegriffen; außerdem kam wieder der Imitationstrieb bei den nach 1841 im Dorf erstellten Häusern zur Hilfe.

Das besondere an der Giebelwand sind die drei aus den Ecklinsen wachsenden Blendbögen, deren mittlerer überhöht ist. In den beiden äußeren liegen steinerne Rosetten in der Art, dass sie sich den Bogenrundungen anpassen. In dieser prachtvollen Ausführung sind von Lassaulx nie vorher und nie nachher mehr verwandt worden (weder an den Kirchen von Ernst und Nickenich, noch an seinem prachtvollsten Profanbau, der Mädchenschule von St. Castor/ Koblenz. Ihre besondere Wirkung beruht auf dem verschieden-farbigen einheimischen Steinmaterial, das v. Lassaulx zu einem geometrischen Mosaik zusammengefügt hat. Bei dem mittleren Bogen ist das Fenster von verschiedenartigen Steinbändern umfangen; um hier nach unten einen Abschluss zu bekommen, wird diese Zone durch ein (zwischen den Konsolen der Bogenanfänger) eingelegtes Schaumlavaband abgefangen (Schauml. = Krotzen).

Die hohe ästhetische Wirkung des Baues liegt einmal in den wohl abgewogenen Proportionen, zum anderen in der genial gemeis-terten Handhabung der unterschiedlichsten Steinarten: Bruchstein (in Größe, Struktur und farblicher Nuancierung sorgfältig ausgesucht) für die Wandflächen – Basaltlava für Sockel, Gewände, Kaffgesims, Treppenstufen und Konsolen – Schaumlava für Linsen und Blendbögen – Tuff für das Kranzgesims und Tuff, Schaumlava und Bruchstein für die Rosetten.

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Auf der Giebelseite kommen die unterschiedlichen Farbgebungen deutlich zum Vorschein. Gut zu erkennen auch die nachträgliche Aufstockung von 1904/05 Foto Herbert Hennes

Nach seinen Proportionen – besonders bei der Traufseite – ist das Pfarrhaus klassizistischer Tradition verpflichtet (vergl. Auch die Gestaltung der Fenster), doch setzen die Schmuckelemente und die Details völlig andere Akzente, die dem Bau (neu-) romanische Züge verleihen. Zu Recht fordert deshalb Ronig, dass J. C. v. Lassaulx „als der eigentliche Begründer der rheinischen Neuromanik zu gelten habe.

Der Koblenzer Architekt liebte es, seine Bauten immer wieder zu variieren und er behielt ein einmal gewonnenes Grundkonzept, das sich als zweckvoll erwiesen hatte, gerne bei. So ist auch ein großer Teil des Formenschatzes, der Zierelemente, der Gliederung usw., die er in Rübenach benutzt hatte, von ihm schon vorher an anderen Bauten angewandt worden. Eine Grundrisslösung, bei der sich der Bau dem Quadrat nähert bzw. es sogar erreicht, hat v. Lassaulx öfters benutzt, auffälligerweise nur bei Schulbauten, sieht man von der Pfarrscheune in Niederlützingen ab. Die folgenden Bauten weisen alle im Verhältnis von Lang- zu Breitseite eine Differenz auf, der geringer als ein Meter ist: Bell (ursprünglicher Bau) vor 1826; kell, der einzige Profanbau des Koblenzers der quadratisch ist, vor 1834; Niederlützingen, zwischen 1829 – 1831; St. Sebastian, vor 1834; Welling, vor 1834. Nur einmal noch hat v. Lassaulx dieses Prinzip nach dem Bau des Rübenacher Pfarrhauses angewandt, in Mayen; das dortige Schulhaus ist allerdings erst nach seinem Tode – 1849 – errichtet worden. Die Vierachsigkeit findet sich, sieht man von Rübenach ab, ebenfalls bei Schulgebäuden: Stolzenfels, 20er Jahre; Bell (ursprünglicher Bau), vor 1826; Mayen, 1849 und Koblenz, Kastorhof 6, 1817. Vor allem die letztgenannte Schule zeigt engste Verwandtschaft mit dem Pfarrhaus: neben der Vierachsigkeit die Form der Fenster, die Rahmung durch Ecklinsen, das Kaffgesims, der verkröpfte Sockel und die Segmentbogen-reihung unterhalb des Kranzgesimses.

Lassaulx hat also bei der Gestaltung des Rübenacher Pfarrhauses auf einen seiner frühesten Entwürfe, nämlich den des Schulhauses in Koblenz (nicht mit der dortigen Mädchenschule/Rheinmuseum zu verwechseln!) zurückgegriffen. Lediglich das Proportionsschema ist von ihm geändert worden. Auch sonst hat er, wie gezeigt werden konnte, einiges von verschiedenen Schulbauten übernommen.

Der Rundbogenfries und dessen steigende Variante im Giebeldreieck tritt häufig bei v. Lassaulx auf, insbesondere bei den Kirchenbauten, aber auch bei den Profanbauten, so schon an der in den 20er Jahren geplanten Stolzenfelser Schule. Jedoch ist er in der monumentalen Form am Profanbau erst beim Bau der Koblenzer Mädchenschule 1834/35 ausgeführt worden.

„Die durch den Wechsel von dunklem … und hellem … Steinmaterial so reizvollen Rosetten finden erst sehr spät Eingang in die Planung: 1832 an der Westseite der unausgeführten Seminarkirche in Trier; 1834/35 an der Nordseite der Mädchenschule in Koblenz (späteres Rheinmuseum),“ und schließlich 1836 an der Pfarrkirche von Weißenthurm (jeweils an einer Giebelseite). Wie schon gesagt, hat v. Lassaulx diese Schmuckelemente nie mehr so großartig und so „farbig“ angewandt wie an dem Pfarrhaus in Rübenach.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass bei der Planung des Rübenacher Pfarrhauses nur Altbewährtes, nichts Neues zur Anwendung gekommen ist. Das Besondere aber besteht darin, dess des Althergebrachte von Lassaulx aufgearbeitet worden ist, so dass der Rübenacher Bau dennoch keine Kopie seiner eigenen Werke, vielmehr eine gekonnte Neuschöpfung des Koblenzer Architekten verkörpert.

Das hervorzuhebende am dem Bau bildet dessen großartige „Farbigkeit“, die mit der Trierer Seminarkirche begann, schon in der Koblenzer Mädchenschule 1834/35 einen ersten Höhepunkt erreichte, der dann von der Weißenthurmer Kirche 1836 gehalten werden konnte.

Das Rübenacher Pfarrhaus ist zu den Spätwerken von v. Lassaulx zu rechnen. Mit diesen Werken, die sich 1832 andeuten und deren Qualität über das ganze Jahrzehnt gehalten werden, konnte, hatte v. Lassaulx seine reifste Schaffensperiode erreicht, die ihren absoluten Höhepunkt in den beiden Kirchen von Ernst und Nickenich erfuhr. Zu diesen Schöpfungen, die zum Schönsten in der Baukunst der Rheinlande der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert zu zählen sind, bilden die Giebelfassaden des Rübenacher Pfarrhauses einen wichtigen Übergang. Das ist um so höher einzuschätzen, da in diesem Falle v. Lassaulx nur recht bescheidene finanzielle Mittel zur Verfügung standen.
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Die Anfänge des Christentums in Rübenach

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von Hans Gappenach

Wenn es um die Christianisierung eines bestimmten Gebietes oder gar eines Ortes geht, liest man in den Heimatgeschichten zumeist sehr euphemistische Darstellungen mit legendenhaften Verbrämungen.

Über diese Anfänge fließen kaum irgendwo die Quellen; man sollte so ehrlich sein, es  zuzugeben. Dennoch finden sich manchmal ganz unscheinbare Hinweise, die es zu registrieren gilt. Für unser Gebiet kann der Ort Rübenach einige solche kleine Einzelheiten beisteuern und steht damit auf einem etwas sicheren Boden. Wir verdanken diese Ergebnisse den Ausgrabungsbemühungen auf dem alten Merowingischen Friedhof (1939/40 und 1966), die seit kurzem jedermann zugänglich sind durch die geradezu epochale Monographie von Neuffer-Müller/Ament. Da diese so wichtig für die Geschichte von Rübenach ist, seit gestattet, etwas weiter auszuholen:

Der fränkische Friedhof von Rübenach stellt  (neben Krefeld-Galepp) der einzige seiner Art im Rheinland dar, der bislang systematisch ausgegraben werden konnte. Deshalb ist der Wert dieser Untersuchung auch als exemplarisch zu veranschlagen. Andererseits befinden sich nur ganz wenige Orte im Lande in einer derart bevorzugten Lage, soviel Gesichertes über die Siedlung ihrer Altvorderen zu wissen.

Obwohl alle Auswertungen archäologischer Befunde (zumal wenn verhältnismäßig wenig Vergleichmöglichkeiten vorhanden sind) mit großer Vorsicht betrachtet werden müssen, so darf nach der Berechnung Aments gesagt werden, dass die Früh-Siedlung Rübenach in den Jahren 480-675 n. Chr., während denen der Friedhof (mit etwa 1130 Gräbern) belegt worden ist, durchschnittlich 180 Einwohner hatte; bei gesonderter Betrachtung der einzelnen Belegungsphasen kann man noch konkreter errechnen, dass die Einwohnerzahl von anfangs etwa 180  bis auf 240 gestiegen sein muss.  Dieser Tatbestand führt, auf die Siedlungsgeschichte bezogen, zu dem Schluss, dass Rübenach von Anfang an ein Dorf war. Auch die Anlage des Gräberfeldes um ein so genanntes „Herrengrab“ herum (ein Reitergrab, bei dem das Tier wahrscheinlich gewaltsam getötet worden ist und dessen Silber beschlagenes Zaumzeug noch z. T. geborgen werden konnte), lässt vermuten, dass ein dem merowingischen Adel zuzuzählender Grundherr hier gesiedelt und den Ort nach der Völkerwanderung (als Vorläufer des heutigen Dorfes) damals begründet hat.

Diese Ereignisse decken sich mit den Untersuchungen Paulys über die Frühgeschichte der Pfarrorganisation, der von völlig anderen Ausgangspunkten zu ganz ähnlichen Schlussfolgerungen gelangt.

Die Vielzahl der Einzelheiten die das über 300 Seiten starke, großformatige Buch  ausbreitet, kann hier nicht auch nur annähernd berührt werden. Eine wäre so interessant wie die andere: Die Pferdegräber, die von einem Tieranatomen untersucht worden sind; die Münzbeigaben, die ein Numismatiker analysiert; die Röntgenfeinstrukturuntersuchungen, vorgenommen von einem Spezialisten, an den Farbresten, die sich an Tongefäßen fanden; die Holzuntersuchungen an Objekten, die dies ermöglichten; die vielen Geräte des täglichen Gebrauches aus den Grabbeigaben (Schalen, Kannen, Becher, Henkelkrüge, Schüsseln, Flaschen aus Ton und Glas); die Waffen der Männer (Schwert, Lanze) und die Schmuckstücke der Frauen (Ringe, Ohrgehänge, Perlen, Ketten, Fibeln, Schnallen) bis hin zu ganz speziellen Fundstücken, etwa einem römischen Augenarztstempel und einer keltischen Silbermünze.

Die auf diese Art gewonnen Einblicke lassen sich zu einem recht genauen Bild der alten Siedlung Rübenach zusammenfügen, obwohl nur 30% der Gräber ungestört waren und die weitaus größere Zahl die vieles verwischenden Spuren von Grabräubern aus den verschiedensten Jahrhunderten zeigen, die es in der Frühzeit vor allem auf Waffen und wertvollem Schmuck abgesehen hatten.

Ein Fundgegenstand ragt nun aus der großen Zahl der Grabbeigaben heraus: Es sind Reste eines unscheinbaren Holzeimers, dessen Bronzebeschläge geborgen wurden. Ohne Übertreibung darf man sagen, dass dies das interessanteste Objekt der gesamten Ausgrabung darstellt, zumal bislang nur zwei zum Vergleich heranzuziehende, allerdings schmucklose Stücke in unserem Raum (Andernach und Soest) bekannt wurden.

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Die geborgenen Eimerreste aus Grab 225

Die Untersuchung ergab, dass es sich um einen zylindrischen Eimer gehandelt hat (Mündungsdurchmesser 32 cm), dessen Dauben aus 4-7 mm starkem Eibenholz bestanden, das zum ersten fest und dennoch leicht zu bearbeiten war, zum anderen von den Germanen aus kultischen Gründen bevorzugt wurde.

Auf die Einzelheiten: die Bänder, Randbeschläge, Eisenreifen, den mit Kreisaugen verzierten Henkel und seine Halterung braucht hier nicht im einzelnen eingegangen zu werden. Rundum lief ein mit kleinen Nägelchen befestigtes Hauptzierband; daran waren – 10 an der Zahl – 6,8 cm hohe, alle über der selben Form gepresste  dreieckige Bronzeplättchen angelötet, die eine menschliche Figur (in der Vorderansicht) zwischen zwei stilisierten Tieren zeigt: Auffällig die runden, weit geöffneten Augen, die Nase und der Mund; Bekleidungsstücke, aber auch der Nabel sind gut erkennbar; die Füße stehen in einer Winkelung nach außen, ebenso wie die Arme, bis  zum  Ellenbogen am Körper anliegend, nach außen gedreht werden; dreifingerige Hände tragen links ein vierblätteriges Bäumchen und rechts einen Stab mit Diagonalkreuz und Ringende.

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Rekonstruktion des „Rübenacher Eimers“

Frau Dr. E. Neuffer-Müller glaubt, bei vorsichtigem Abwägen allen Für und Wieders, in der menschlichen Gestalt eine Christusfigur (in Orantenstellung) erblicken zu können, die nach sumerisch-mesopotanischen Vorbildern zwischen zwei den Rachen aufsperrenden stilisierten Tieren steht.

Als ein Vergleichsstück lässt sich ein in Werden/Aller gefundenes Reliquienkästchen heranziehen, das in seiner Bestimmung eindeutig ist und dem ein ähnliches Bildchema, die Christusfigur betreffend, zugrunde liegt.

Zwar sind Eimer dieser Art, auch solche mit dreiecksverzierten, hängenden Bronzeplättchen von anderen Fundorten bekannt, dennoch gibt es eine direkte Parallele zum „Rübenacher Eimer“ bislang nicht. Frühere Christusdarstellungen allerdings, gefunden in Italien, ferner im burgundischen und langobardischen Siedlungsraum, lassen ganz ähnliche Einzelheiten erkennen: Großer Kopf mit Perlkranz, gespreizte Beine, waagerechte Armhaltung, Stab mit ringförmigem Abschluss und ein Bäumchen mit vier Zweigen in den Händen, auch die schon erwähnten stilisierten Tierformen. (Die beiden getragenen Gegenstände könnte man durchaus als Chi-Rho-Zeichen [rechts] und vierblätterigen Palmzeig des todbesiegenden Märtyrers [links] auffassen).

Wenn wir christliche Embleme (Kreuz o. ä.) vermissen, so ist dazu zu sagen, dass die Volkskunst damals sich mit den völlig neuen christlichen Gedankengut auseinandersetzen musste, „denn alle diesen frühen Bildwerke stammen aus einer Zeit, die mehr den Unheil abwehrenden zauberischen Sinn solcher Darstellungen sah als ihren religiösen Zusammenhang“.

Es war ein langwieriger Entwicklungsprozess, der Jahrhunderte dauert, bis es gelang, die Menschen von den heidnischen Vorstellungen zu lösen und für die christlichen Tugenden und Ideen aufzuschließen: Regino von Prüm berichtet in seiner Klosterchronik, dass 1018 die Menschen plötzlich während der Weihnachtsmesse von einem Taumel erfasst worden seien und sich hätten hinreißen lassen, im Altarraum heidnische  Reigentänze aufzuführen und dabei eine germanische Hochzeitsballade zu singen (mit dem Text: „Einstmals ritt Bowo durch den Wald den so grüne, führte aber heim Merswint, die schöne“). – Die alte Pferdebestattungen (auch z. T. die erwähnten Rübenacher Gräber) sind meist ohne Kopf vorgenommen worden, weil dieser gemäß der germanischen Sitte am Wohnhaus aufgehängt wurde zur Abwehr der Dämonen. Der Christianusierungsprozess hatte verständlicher maßen mit Hochzeiten und Rückschlägen zu rechnen.

Die fränkische Landnahme bereits war, nach dem Abzug der römischen Legionäre aus dem „Festungsdreieck Köln-Mainz-Trier“ eine sich über einen größeren Zeitraum  erstreckende Bewegung, wobei unser heutiges Wohngebiet „zur Brückenlandschaft für das innerhalb des fränkischen Reiches wirkende Kulturgefälle“ wurde. Die Bekehrung der Franken zum Christentum zeigt ebenfalls keine eindeutige aufwärts strebende Linie; denn schon die Gründung und Ausdehnung des fränkischen Reiches, die verschiedenen Teilungen unter die jeweiligen Söhne und schließlich der Verfall stellen einen sehr verwirrenden Geschichtsablauf dar: Während die Merowingerkönige Theuderich I. (511 – 534), Theudebert (534 – 548) und Theudebald  (548 – 555) dem neuen Glauben offen gegenüberstanden oder ihn zumindest respektierten, kam es unter König Chlotar I. (548 – 561) zu schweren Auseinandersetzungen. Sein Sohn Sigibert (561 – 575) bemühte sich wieder um ein gutes Auskommen mit dem Trierer Bischof Nicetius (537 – 566) und suchte vom Vater begangenes Unrecht wieder gutzumachen; er geleitete den Kirchenfürsten in Ehren aus der Verbannung zurück, in die er (560) fliehen musste, weil er König Chlotar wiederholt als „öffentlicher Sünder“ gebrandmarkt und exkommuniziert hatte. („Zu den Schwelgereien der noch übrig gebliebenen keltisch-römischen Einwohner hatten sich noch Laster der großteils heidnischen Eroberer gesellt“) So viel nur als kurzer Durchblick auf die merowingische Reichsgeschichte (der uns betreffenden Gebiete) während der zentralen Begegnungsperiode des Rübenacher Gräberfeldes.

Allgemein heißt es, die Franken seinen im 6./7. Jahrhundert zum Christentum bekehrt worden. Die Urkunde von 775 nennt bereits eine „capella“. Diese kann mit Sicherheit nur der Abschlusspunkt einer über einen langen Zeitraum hinziehenden Entwicklung sein, bei der Antike, Germanentum und Christentum in unserem heutigen Lebensraum sich wechselseitig durchdrangen. Die alten Reihenfriedhöfe wurden schließlich nicht mehr benutzt und die Toten im Bereich der Kirche bestattet, wobei im Falle Rübenach noch festzustellen wäre, dass die „capella“ wahrscheinlich bewusst in die unmittelbare Nachbarschaft des alten fränkischen Friedhofes gebaut worden ist.

Bei aller Vorsicht fragt E. Neuffer-Müller, ob es sich bei dem „Rübenacher Eimer“ nicht um ein Taufgefäß gehandelt haben könnte, ehe es das gemeinsame Taufbecken gab. Das Grab (Nr. 225) in dem er gefunden wurde, ist etwa 600 – 650 zu datieren und gehört damit zur jüngeren Belegungsphase des Friedhofes, während der – ebenfalls als christliches Merkmal zu sehen – eine deutliche Verminderung der Beigaben erkennbar ist und längst nicht mehr wie in der älteren Merowingerzeit jedem Toten die ihm nach einem festen Ritual zustehenden Beigaben mit ins Grab gelegt werden.

Wenn wir die vorgebrachten Einzelheiten, die sich zum größten Teil aus den Grabungsergebnissen auf dem hiesigen Frankenfriedhof herleiten, in einer Zusammenschau betrachten, kann der Rübenacher von heute hier gleichsam einen Blick in die Umbruchzeiten lange vor dem genannten frühesten Geschichtstermin (775) tun und gewissermaßen die ersten Spuren des Christentums bei seinen Altvorderen, die auf diesem Friedhof beerdigt liegen, erkennen, einen Blick in eine Zeit, in denen den Menschen ganz unvorstellbar Schweres abverlangt worden sein muss, sich nämlich zu lösen von ihren jahrhundertealten überkommenen religiösen Vorstellungen und sich zu jenen hinzuwenden, zu denen wir uns heute noch bekennen.
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